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Neuss

Pläne und Strukturen sind auch dazu gut, manchmal über den Haufen geworfen zu werden. Eigentlich waren wir für den heutigen Sonntag verabredet, haben dann aber mit Blick auf die Wettervorhersage umdisponiert und den Tag gestern genutzt, der wirklich das gehalten hat, was die Wetterfrösche prophezeiten.

Also den Einkauf vorgezogen und die Wohnung fein schmutzig gelassen. Gut sein gelassen also, kann ich auch heute noch machen. Oder sonst wann. Gibt wichtigeres. Menschen eben, zum reden und draußen sein. Austausch, Energie, Vertrautheit. Wir sind uns als Fremde begegnet und haben durch unser beider Erkrankungen in den Gruppen der für einige Wochen gemeinsamen Einrichtung schon mehr von einander erfahren und schätzen gelernt als das meist da draußen in Jahren der Fall ist. Etwas besonderes, für uns beide.

Also Fahrpläne gecheckt, das Fahrrad mitgenommen und rein in die R4, in`s Rheinland – Vorfreude beim queren des Rheins. Ich war lange nicht mehr unterwegs und bin froh, im flachen Land zu fahren, hier hat man es nur mit Wind zu tun, aber eben nicht mit den heimischen Bergen.

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Nach einem Kaffee kurz in den Münster …

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Noch ein Eindruck des Städtchens, bevor es in`s Grüne geht.

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Geschichte …

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Schlammbewohner…

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Farben und Felder

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Die Daten-technisch etwas verbesserungsbedürftige Beinahe-Runde (so einige planlose Schlenker könnten glatt gezogen werden, sorry, keine Lust), kann hier heruntergeladen werden.

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Fazit: Ein guter Tag, einer von denen, die es nicht so oft gibt. Es gibt zwar mittlerweile eine Menge guter Tage, aber gute und schöne Tage sind schon rar. Tage mit Vertrautheit und Nähe einerseits sowie mit Licht, Luft, und Sonne andererseits.

Danke dafür.

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Wesel – ein Kurzbesuch

Wir sind geschäftlich unterwegs, sozusagen. Hintergrund ist unser sehr kleines Auto mit nicht wirklich guten Möglichkeiten, ein Rad zu transportieren. Oben drauf mag ich nicht, hinten dran ginge, wäre aber recht teuer, und hinein geht selbst bei Demontage der Laufräder nicht wirklich ein ganzes Rad. Also soll es ein Faltrad sein, derweil ich in der unmittelbaren Umgebung so allmählich die meisten guten Wege kenne. Zudem kann man mit den Dingern (gefaltet) auch Bus fahren, ohne Gefahr zu laufen, von irgend einem eifrigen Fahrer stehen gelassen zu werden. So ein Teil, offeriert relativ günstig eben in Wesel, möchte ich gern erwerben.

Der Handel ist schnell getan und es geht an`s ausprobieren, was das verstauen im Auto betrifft. Nach einigen vergeblichen Versuchen habe ich den Kniff heraus, ein ganzes Faltrad klapperfrei in einem etwas größeren Handschuhfach verschwinden zu lassen – voilà, geht doch 🙂

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Das geschäftliche ist also getan, jetzt haben wir Zeit und können uns ein wenig umschauen. Die Innenstadt von Wesel ist nicht wirklich eine Reise wert, alles Nachkriegsbauten, selbst der Dom ist restauriert bzw .rekonstruiert, ebenso die Fassade des historischen Rathauses. Es gibt noch eine Zitadelle, die wir aus Zeitgründen aber aussparen. Wesel hat historisch eine lange Vergangenheit als Festung und Garnisonsstadt, was ihr gegen Ende des zweiten Weltkrieges im Zuge der letzten Schlachten fast vollständig die Existenz kostete.

Bei der Einfahrt in die Stadt nehme ich unweit unseres Standortes auf dem Navi Wasser wahr, das muss der Rhein sein. Das Wetter ist zwar stürmisch, aber etwas aufgelockert, und so gehen wir in der Aussicht auf ein paar gute Bilder zum Wasser. Wieder spüre ich die Macht dieses alten, riesigen Stromes, der sich hier auf der Zielgerade auf seinem Weg Richtung Nordsee befindet.

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Am Wasser sowie auf dem flachen Land fühle ich mich mit meiner höheren Macht am stärksten verbunden, warum auch immer. Der Niederrhein ist diesbezüglich genau richtig – die Jacke gut bis oben an geschlossen und den Kragen hoch geht es gegen den Wind, es ist ein unbeschreibliches Gefühl.

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Und wieder Zeitzeugen – die zum Kriegsende noch gesprengte alte Rheinbrücke zu Wesel, es muss einst ein mächtiges Bauwerk gewesen sein. Auf Wunsch des Militärs wurden weite Teile an Land nicht wie üblich auf Dämmen gebaut, sondern Hochwasser-unabhängig auf steinernen Viadukten, die heute noch vorhanden sind, leider für uns nicht gut sichtbar auf der anderen Rheinseite. Beim Anblick der Überreste überkommt mich wieder dieses wohlvertraute, beklemmende Gefühl, sowie die immer wieder spürbare Fassungslosigkeit der  letzten großen Katastrophe, die hier in Deutschland seinen Ursprung hatte.

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Lange her – andere setzen deutlich sichtbar wohlvertraute Zeichen der Liebe auf den Ruinen. Auch die Kunst kommt nicht zu kurz, der große Vogel hat, so scheint es, witterungsbedingt so etwas wie einen heiligen Schein.

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Zum Schluss noch Bilder, die für sich sprechen …

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Lose Tage

Der letzte Freitag hat seinem Namen mal alle Ehre gemacht, er war für mich arbeitsfrei. Das passt gut mit dem gegenwärtigen Wetter zusammen, kann ich doch einiges mit dem Rad erledigen. Nachdem die Liebste gestern am Bahnhof verabschiedet wurde, widmete ich mich den Dingen, die sonst eher Samstags dran sind. Einkäufe, Haushalt, sowie einige Erledigungen, die schon länger auf mich warteten.

So weit, so gut. Habe ich auf diese Weise ein entspanntes Wochenende hier daheim, mit zwei sehr schläfrigen Katern, mit denen lässt sich gut leben. Männerwirtschaft sozusagen. Der Laserpointer hat neue Batterien, Punkte jagen geht also wieder. Das muss sein, damit die beiden nicht in ihrer Traurigkeit versinken, in Abwesenheit ihres Lieblings-Menschen.

So ganz nebenbei habe auch ich einiges zu lachen, wenn die beiden durch die Bude schranzen. Das lenkt  mich von manchen trüben Gedanken ab, die nichts mit meinem derzeitigen Strohwitwer-Dasein zu tun haben. Das geht in Ordnung, weiß ich doch um ihre Beweggründe und auch dafür liebe ich sie. Früher – ja früher, da gab es immer irgendwelche äußeren Dramen, die manche Zustände  rechtfertigten. Die üblichen Leiden eines frisch Geschiedenen – Beziehungsdramen, Unterhaltskrimis, und so weiter. Nichts davon ist geblieben, mein Leben verläuft zumindest privat in geordneten Bahnen, so sagt man. Beruflich ist es nicht ganz so entspannt, aber mir wäre vermutlich recht fad, wenn alles rund laufen würde.

Geblieben ist neben manchen unruhigen, arg bebilderten Nächten dieses Gefühl von Traurigkeit und Verlassenheit, das schon immer zu mir gehörte, das mal mehr, mal weniger deutlich zu spüren ist. Der schwarze Vogel auf meiner Schulter, wir sind mittlerweile nicht gerade Freunde geworden, aber man arrangiert sich. Ich lasse ihm seinen Raum, aber Futter bekommt er nicht mehr.

Aktivitäten aller Art mag er nicht, der schwarze Vogel. Dann ist er still und lässt mich machen. Empörung schätzt er ebenso nicht, mit Adrenalin hat er es nicht so. Fatal wäre es aber, mich darum ständig empören zu wollen, das liegt mir fern, weil ungesund, lässt sich nur leider nicht immer vermeiden. Das hat in letzter Zeit viel mit der Kälte da draußen zu tun, und damit meine ich nicht die augenblicklichen frostigen Temperaturen. Sondern eher die Kälte mancher Zeitgenossen, die, selbst nicht gerade vom Schicksal gesegnet, den Menschen, denen es noch schlechter geht, nicht das schwarze unter dem Nagel gönnen. Dann wird es Zeit, den Fokus zu ändern. Nicht, dass ich mir die Welt dann schön denke, sondern ich schaue auf die Hoffnung in der Gestalt eben anderer Mitmenschen, auf manche Schönheit, die überall zu finden ist.

Dem förderlich ist das sonnige, wenn auch eiskalte Winterwetter derzeit. Angezogen wie eine Zwiebel setze ich mich auf`s Rad. Licht, Luft und Sonne sind die besten Mittel der Wahl, den schwarzen Vogel zu lüften. So geschehen auch gerade eben wieder, nach einem kurzen Abstecher in die Stadt mache ich mich auf dem Weg in Richtung Nordbahntrasse, die letzten Sonnenstrahlen einfangen. Als langjähriger Nutzer dieser unserer innerstädtischen Piste kenne ich die Ecken, wo es sich besonders lohnt zu verweilen, am frühen Morgen ebenso wie am späteren Abend.

So stehe ich auf der ehemaligen Deponie im Westen der Stadt, lasse mich vom eisigen Wind streicheln und staune. Ein Aufstieg, der sich lohnt …

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Oh, die Ehre!

Wenn ich mit dem Rad unterwegs bin, habe ich es recht komfortabel, was die Unterbringung des Rades angeht. Da gibt es ein altes Ladenlokal, welches ich mit nutzen darf, zu ebener Erde. Wobei eben hier im Tal der Wupper relativ ist, aber eine schiefe Ebene ist eben auch eine Ebene. Da der Berg hier vor der Türe in etwa 15% Steigung hat, muss das Rad, steht es einmal draußen, gesichert werden, damit es sich nicht selbstständig machen kann. Der bordeigene Seitenständer ist da wenig hilfreich, also nutze ich dafür ein Fallrohr der Dachrinne nebenan, was bei einer gewissen Schrägstellung des Rades recht gute Dienste leistet. Leider steht das Rad dann ein wenig quer zum sowieso schmalen Fußweg, was gelegentlich für Unmut bei den Passanten sorgt, die natürlich gerade in den paar Sekunden da lang müssen.

Manchmal sorgt dieser kleine Moment aber auch für interessante Begegnungen mit den Nachbarn. So geschehen dieser Tage in besonderer Weise. Wieder steht mein Rad dort leicht versetzt zur Häuserwand, kommt eine kleine, bunte Frau des Weges, auf dem Arm einen Karton mit frischen Einkäufen. So`ne typische Bergbewohnerin hier eben. Ich nicke ihr freundlich zu und wundere mich, dass sie grinsend stehen bleibt.

Dachte erst, du wärst der Frank, meint sie. Aber dann denke ich, der Frank würde niemals so lahm den Berg hoch fahren. Da habe ich mir gedacht, ich schaue mal, wie alt der Fahrer ist, der hier so hoch kriecht.. So tönt es, fein gewürzt mit einem frechen Grinsen im Gesicht.

Was für eine freche Pute, denkt es in mir leicht empört, während ich meinen Schlauchschal vom Gesicht pelle und mich zu erkennen gebe. Wie spricht die eigentlich mit mir, dem Bruder von Eddy Merckx. Der leider momentan ein wenig aus der Form ist, derweil der neulich erworbene Bobby-Car des Morgens sehr verlockend scheint, gerade um diese Jahreszeit bei Schneeregen und ähnlichen Unbillen. So grinse ich frech zurück und meine, dass es vor, sagen wir mal 20 Jahren durchaus ein wenig schneller gegangen wäre und dass ich jedenfalls noch hier hoch fahre und mein Zeug nicht tragen muss, mit einem süffisanten Blick auf das Gelumpe in ihrem Pappkarton.

Jaja, meint sie,immer noch grinsend, sie würde ja nun auch bald 50 und wäre schon lange nicht mehr hier hoch gefahren. Dann schweig doch lieber still, Weib, oder bedenke wenigstens deiner Worte, grollt das immer noch leicht angepisste Ego weiter hinten im Kopf, während wir uns lachend einen guten Tag wünschen.

Wird so langsam Zeit für das kommende Frühjahr, glaube ich. Um wieder in Form zu kommen, nicht für alle freche Puten dieser Welt, mehr so für mich…und für mein Ego.

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Noch eine Nachbarschaftsgeschichte

Gegenüber, unten, auf Parterre gibt es eine kleine Wohnung. Sie ist so ein typisches Refugium für frisch Getrennte oder gerade eben erst flügge gewordene junge Menschen. Lange bliebt bislang dort niemand, es sind nur zwei kleine Zimmerchen und es ist relativ laut. In all den Jahren, die ich mittlerweile hier wohne, ging es herein und heraus dort. Spätestens nach zwei oder höchstens drei Jahren stand sie wieder leer, für eine Weile. Keiner bleibt wirklich gerne allein und, wie gesagt, es ist halt laut dort.

Unfreiwillig kann ich das Geschehen dort gut einsehen, wenn ich dem Tabak auf dem Balkon fröne. Der letzte Mieter war ein nicht mehr ganz so junger Mann, Mirko hieß er. Das weiß ich, weil wir uns ein paar mal auf der nahen Nordbahntrasse getroffen haben und ich ihn irgendwann einfach angesprochen habe. Ein Radler, der sein Rad mit in die Wohnung nahm – ein Liebhaber alter Stahlräder. Ein Hund, der niemals an der Leine ging und sein kleiner Sohn, der wie damals der meine alle zwei Wochen an den Wochenenden bei ihm war. Ein leicht verrückter Kerl, der Mirko. Oft sah ich ihn durch seine Wohnung tanzen, die Musik bis hier oben hin zu hören. Seine Wohnung, keine Einrichtung aus dem Katalog, vieles selbst gebastelt, er konnte gut mit Holz umgehen. Später dann sah ich eine Frau an seiner Seite und freute mich für ihn. Allmählich war er immer seltener daheim, was mich nicht wirklich wunderte. Vieles erinnert mich an meine eigene Geschichte, auch mir ging es damals ähnlich.

Jetzt ist er fort und ich weiß nicht, wohin. Die Tage war Licht dort unten, und ich sah jemanden abbauen und aufräumen, aber es war nicht Mirko. Draußen stand ein Hänger, Tagelang im Regen mit seinen Sachen darauf, wohl für den Sperrmüll bestimmt. Was mich nachdenklich stimmt, was mag mit ihm wohl sein? Alles stehen und liegen gelassen und abgehauen, das kommt vor. Hoffentlich ist er noch unter uns, irgendwo …

Gerade wurde der Hänger abgeholt ..
Mirko, falls Du noch lebst – meine besten Wünsche für Dich.

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