Archiv für den Monat: Dezember 2013

Comedy

So gesehen gestern Abend zu Köln in der Mittelblond-Kulturkneipe, ein winziges, kuscheliges Theater unweit des Domes.

2013-12-27 18.10.50_Mittelblond

Karten müssen mit einigen Vorlauf bestellt werden, da die Vorstellungen weit im Voraus ausverkauft sind. 40 Gäste und das winzige, kleine Theater ist voll. Schwule Comedy vom feinsten, der Theater-Inhaber und Hauptdarsteller Marcos Schlüter begrüßt uns persönlich und schnell ist der kleine Raum gefüllt. Das Publikum – bunt gemischt, jung, alt, schwul, hetero, alles vertreten. Das Stück – Diana, das Mädchen mit der Arschkarte erzählt deren tragische Lebensgeschichte mal anders – rotzfrech, bunt und phantasiereich.

Wir sind zwar nicht spät dran, aber die meisten sind schon da, vermutlich, um sich die vermeintlich „sicheren“ Plätze etwas weiter hinten zu sichern. Allerdings bietet das nur begrenzten Schutz vor loser Anrede, ehe man sich versieht, ist man eine feste Größe in der Vorstellung. Geschminkt und verkleidet darf sich eben einiges erlauben, der Narr lässt grüßen. Wer nicht wechseln kann, hat Pech sozusagen und wird spontan in schöner Regelmäßigkeit zur Belustigung der anderen mit in die Show einbezogen. Wer allerdings schadenfroh zu laut lacht, darf sich sicher sein, mit in den Focus des Hauptdarstellers zu rücken. Wer gar nicht lacht, bekommt auch, was er/sie braucht: Gefällt es ihnen nicht? Doch, ja? Na, dann sagen`se dat mal ihrem Gesicht! Wir saßen übrigens in der ersten Reihe…wurden aber, warum auch immer, weitestgehend „verschont“.

Das Ensemble ist spitze, mich hat am meisten Marcos Schlüter in seinen Bann gezogen. Eine einzigartige Mimik und Gestik, dazu eine sagenhafte Stimme, im schnellen Wechsel mal leise, mal laut röhrend.

Fazit: Gern noch einmal, beizeiten.

Weihnachten

Auf das jeder nach seiner Fasson diese Tage lebt. Ohne überhöhte Erwartungen an Harmonie und inneren/äußeren Frieden. Ohne lästige Pflichtveranstaltungen. Menschen, mit denen ich das ganze Jahr über kaum Kontakt habe, brauche ich auch Weihnachten nicht behelligen.

Wenn, dann von Herzen. Mit Freunden, familiärer oder geistiger Verwandtschaft. So, wie ich diesen Menschen auch den Rest des Jahres begegnen möchte, so, wie ich strebe, mir selbst zu begegnen. Mit Respekt, liebevoll, achtsam.

Mit den Gedanken an jene, denen es am allernötigsten mangelt, auf Erden.

Frohe Weihnachten!

Der Fahrradmann

Es gibt sie noch, richtige Unikate, solche Typen, die auf ihre Weise unverwechselbar sind. Menschen, die in keine Schublade passen, Menschen, die sich ihre Nische gesucht und gefunden haben. Einer von ihnen ist der Fahrradmann, hier in der Nähe. Er lebt hauptsächlich von Mundpropaganda, keine Website oder dergleichen, nur ein dürftiger Eintrag im Branchenregister, keine Telefonnummer, keine Öffnungszeiten, nur Name und Anschrift. Wer etwas von ihm möchte, muss also dort hin. Vor einigen Wochen war mein Trecking-Rad Reparatur-bedürftig, die Ständer-Halterung war durchgerostet und zudem war ich auf der Suche nach einem günstigen, gebrauchten Rad für den Winter. Ein Kumpel von nebenan hat mir mal von dem Fahrradmann erzählt, das klang recht gut, die beste Werbung sozusagen.

Sein kleiner Werkstatt-Laden liegt ein wenig versteckt unten im Luisenviertel. Von der Straße aus geht es durch ein kleines Tor über den Hinterhof zum Eingang. Ein kleiner, muffiger Raum mit einem Mini-Schaufenster, voll gestellt mit Rädern, neue sowie gebrauchte. Ein funzeliges Licht beleuchtet das Ganze spärlich und man könnte meinen, das der Laden verlassen ist. Aber ihm entgeht nichts, wenn draußen jemand steht, schaut er plötzlich um`s Eck, der Fahrradmann. Schon sehr gut jenseits der 50, groß gewachsen, hager, dunkle Klamotten,  meist eine Weste, die Arme stecken in seltsamen Stulpen, die Hände dünn behandschuht. Manchmal ziert auch ein schwarzer Schmierfleck sein Gesicht, wie das so geht, wenn man sich mit öligen Fingern mal kratzen muss.

Der Laden ist Verkaufsraum und Werkstatt in einem. Alles mögliche liegt auf dem Boden, zwei alte 80er-Jahre Telefone, Hörer daneben liegend, Schrauben, Ventil-Kappen, eine Sprühöl-Dose mitten drin. Hinten an der Wand hängt ein Brett, voll gestellt mit Werkzeug und Ersatzteilen. In einer Ecke sind vielleicht 2, 3 Quadratmeter mit einem Tuch notdürftig zu gehangen, dahinter geht es richtig zur Sache, Haufenweise gebrauchte Fahrrad-Teile. Ein auf dem Boden stehender Ventilator bläst unermüdlich und von irgendwo plärrt leise ein Radio.

Bei ihm gab ich also nicht nur mein Rad zur Reparatur, ich erstand ich auch ein uraltes, aber gut erhaltenes Cross-Rad, für meine Zwecke genau richtig, sogar mit einem Jahr Garantie. Ein paar Dinge waren nicht so, wie sie sollten, und darum bin ich noch ein paar mal zu ihm hin. Wortkarg ist er, der Fahrradmann, aber er versteht sein Handwerk. Vor sich hin brummelnd sucht er scheppernd in den Ecken nach Werkzeug und Teilen, er kennt sich aus in seinem nur scheinbaren Chaos. Montage-Ständer oder ähnliches sucht man bei ihm vergebens, das wichtigste Utensil ist eine große Gummimatte auf dem Boden. Mal eben wechselt er das Tretlager, zerlegt die Hinterrad-Nabe, tauscht verschlissene Teile. Es ist eine Lust, ihm beim werkeln zu zuschauen. Fest sitzende Muttern, kein Problem, in den Tiefen des Ladens findet sich ein mächtiges Rohr, das auf dem Schlüssel passt. Keine Werkbank, alles geschieht auf dem Boden, gebückt steht er da in dem trüben Licht, die Taschenlampe im Mund beleuchtet das Zielobjekt. Fragen werden auch unter solch erschwerten Bedingungen nuschelnd beantwortet, wobei ab und zu ein wenig Speichel herunter tropft. Echtes Handwerk eben. Kein Vergleich zu den großen Läden mit den vielen Angestellten und schicken Verkaufsräumen.

Geschickt ist er, zuvorkommend, verbindlich und fair.  Seine Erscheinung wirkt irgendwie aus der Welt gefallen, ein wenig seltsam oder schrullig, wie man sagt. Solche Charakterköpfe sind selten geworden, in unserer auf Äußerlichkeiten getrimmten Welt.

Ich mag ihn, den Fahrradmann.

Cross-Rad

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