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Ego und Angst

Schon länger hege ich den Verdacht, dass es da einen Zusammenhang geben muss, ohne groß im Netz zu dem Thema recherchiert zu haben. Wer so wie ich dann danach sucht, findet eine Fülle von Seiten, die sich damit auseinandersetzen, scheint also vor mir schon eine Menge anderer Menschen beschäftigt zu haben. So Dinge, mit denen ich mich selbst erst dann auseinandersetze (und dann staune, dass ich damit nicht allein bin), wenn es nicht mehr anders geht. Wenn das Ego endgültig realisiert hat, nichts, wirklich nichts selbst „in der Hand“ zu haben, keine Kontrolle über irgendetwas zu haben.

Alles hat seine eigene Gesetzmäßigkeit im Leben, so auch die Lebensbereiche, an denen das Ego gerne rütteln und schütteln möchte. Herrschte bei mir im Beruflichen die meiste Zeit meines Lebens, von den Anfängen einmal abgesehen, eher Kontinuität und Beständigkeit, im Privaten dagegen meist das blanke Chaos, so scheint sich dieses Verhältnis nun in meinen letzten Berufsjahren umzukehren. Einzelheiten erspare ich der Öffentlichkeit an der Stelle lieber, zum einen mit Blick auf die Diskretionspflicht meinem Arbeitgeber gegenüber, zum anderen mag ich mir mit Details zu dem Thema nicht unbedingt den schönen Samstag-Morgen verderben.

Bildet sich mein Ego also ein, der König meiner selbst zu sein, steht ihm sofort die kleine lästige Schwester Angst zur Seite. Da könnte etwas verlustig werden, weggenommen werden, zumal wenn nur beschränkt verfügbar, sorgt die Angst dafür, dass Verteidigungswälle errichtet werden, Waffen werden geputzt, geladen, in Stellung gebracht und entsichert. Strategien werden erdacht, Taktiken entwickelt, mögliche Waffenbrüder gesucht. Eine sehr anstrengende Sache also, die an vielen Positionen in den Betrieben oder an anderen Stellen im Leben, überall dort, wo Mensch gehalten ist, sich mit seinesgleichen zu arrangieren, dazu führt, dass der überwiegende Teil der Tages-Energie für eben diese, letztendlich vom Ego im Verbund mit der Angst ausgelösten Verhaltensweisen dahin geht und so der eigenen Kreativität, meinetwegen Produktivität, der eigenen Lebendigkeit nicht mehr zur Verfügung steht. Ganz zu schweigen von der Lebensfreude, der Gelassenheit, der Ausgeglichenheit, des inneren Friedens.

Wie kann also ein Weg heraus aus dieser Falle ausschauen? Ohne ein Mindestmaß an Ego geht es offensichtlich nicht, unser Schöpfer hat sich etwas dabei gedacht, uns damit auszustatten. Keine Kühlschranktür öffnet sich ohne Ego, von den modernen Varianten der urzeitlichen Säbelzahntiger mal ganz zu schweigen. Da sei doch immer noch Gott, meinte ein AA-Freund neulich im Gespräch über diese Zusammenhänge zu mir. Einer, der es wissen muss, bei seiner Lebensgeschichte, die nun immerhin fast 8 Jahrzehnte währt und alles andere als beständig verlief.

Stimmt. Wenn ich mich daran erinnere, im Leben geführt und begleitet zu sein, schrumpft das Ego auf ein natürliches Maß und spielt sich nicht mehr als Chef auf. Mit ihm schrumpft auch die Angst, an ihrer Stelle tritt Vertrauen, so wird Energie und Raum freigesetzt, auf das Nächstliegendste zu schauen, in der Gegenwart zu bleiben, was sich sehr befreiend anfühlt. Was mir bleibt, ist Tag für Tag neu zu schauen. Pläne und Visionen gehen schon in Ordnung, solange sie nicht als Anspruch und Erwartung angesehen werden, sondern bestenfalls als Orientierung.

In dem Sinne –
alles in der Natur strebt nach Ausgleich, nach Gleichgewicht …

Nachtrag:

Ich nutze immer gerne das Bild von dem schwarzen Vogel, der auf meiner rechten Schulter sitzt. Er ist Herr der Ängste, der Depressionen, der dunklen Stimmungen. Er lässt sich nicht vertreiben, darum haben wir einen Burgfrieden geschlossen. Ich verschwende keine Energie mehr darauf, ihn zu vertreiben, er darf also bleiben, da er offensichtlich ein Teil von mir ist. Im Gegenzug hat sich der Schwarzgefiederte damit abzufinden, nicht der Herrscher über meine Seele zu sein.

Nun bin ich im Laufe meiner mehrwöchigen gesundheitlichen Rehabilitation gefragt worden, wer oder was denn als Ausgleich sozusagen auf der anderen Schulter säße. Ein gute Frage, fand ich – spontan fiel mir Jesus ein. Jesus? Warum eigentlich nicht. Der schwarze Vogel ist ebenso nicht körperlich sichtbar und wirkt dennoch, ebenso wie Jesus. Nur in die andere Richtung …

~

 

 

Karfreitag 2018

Heute ist also der so genannte stille Oster-Feiertag, an dem Jesu Kreuzigung gedacht wird. Weltlich gesehen war das zunächst einmal ein Gewaltverbrechen, ausgeübt von den damals herrschenden Machthabern, aus politischem Kalkül. Die Amtskirchen sagen, er sei für uns gestorben, hat unsere Sünden auf sich genommen und uns somit Zugang zum ewigen Leben ermöglicht. Glaubenssache eben.

Was macht das mit mir? Gut möglich, denke ich. Wobei die Bibel Menschenwerk ist, eine Produkt vieler Zeitalter, geschrieben aus dem Geist der jeweiligen Epochen heraus. Was mich zunächst skeptisch stimmt, weil das geschriebene Wort selten absichtslos entsteht. Dann ist es für mich als ein Mensch, der gerne um viele Ecken denkt, sehr verlockend, zu glauben, gut so – einer für alle, wie praktisch, dann könnte ich ja theoretisch haushalten nach Belieben, is`ja schon alles bezahlt. Das ist bestimmt des öfteren in vielen Köpfen so gelaufen, glaube ich. Allerdings funktioniert das nur scheinbar, da gibt es ja noch das Gesetz von Ursache und Wirkung, oder, einfacher gesagt, wie Du mir, so ich Dir. Das Leben antwortet mir, so oder so. Man nennt es Karma, ich mag dieses esoterisch besetzte Wort nicht, aber so ist es eben.

Vor nunmehr gut elf Jahren bin ich der evangelischen Kirche wieder beigetreten, trotz oder vielleicht auch gerade wegen aller Zweifel an dem geschriebenen Wort in dem dicken, alten Buch. Ein Schritt aus der tiefen Erkenntnis heraus, das es keinen Zufall gibt, im Leben. Aus Dankbarkeit heraus, überlebt zu haben, meine aktive Zeit als süchtiger Mensch. Aus dem Bedürfnis heraus, etwas zurück zu geben, ein klein wenig daran teilzuhaben, dass vielleicht die eine oder andere Einrichtung doch nicht geschlossen werden muss und weiter arbeiten kann, im Dienst am Nächsten. Und – für mich heute das wichtigste – ich fühle mich getragen und geborgen in meinem Glauben. Er hilft mir, mit meinen sicherlich immer noch zahlreichen Charaktermängeln klar zu kommen oder besser, sie wo immer möglich, loszulassen bzw. auf ein für mich und andere erträgliches Maß zu reduzieren.

Gerade, wenn Leben in manchen unruhigen Zeiten nur „auf Sicht“ möglich ist, hilft mir mein Glaube. Darüber hinaus denke ich, es schadet nichts, sich einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten anzuschließen, von denen der weitaus überwiegende Teil ernsthaft um eine etwas bessere Welt bemüht ist. Jede, jeder auf ihre, seine Weise. Dafür hätten sie ihn nicht gleich an`s Kreuz nageln und grausam langsam sterben lassen, denkt es in mir. Andererseits ist es für mich auch abseits vom Glauben eine realistische Vorstellung, dass es sich so zugetragen haben mag. Mein Bild von Jesus ist das eine aufrechten, durchaus auch streitbaren Menschen, der von göttlicher Liebe überzeugt war, Bigotterie und Doppelmoral verabscheute. Damit hat man eben nicht nur Freunde.

Als Ausrichtung taugt das, was er gesagt und gelebt haben soll, allemal, für mich. Von dem unrühmlichen Ende einmal abgesehen. Aber solchen Menschen sind eben sehr selten zu Lebzeiten noch Denkmäler gebaut worden …

Uns allen friedliche und ruhige Ostertage !

 

Schon gut möglich

Schon gut möglich.
Das da einst jemand lebte.
Mit heilenden Kräften
Mit Charisma
Mit Mut

Jesus eben

Ein Mensch war er, was sonst. Ein besonderer bestimmt, auserwählt. Im Kern wird schon irgend etwas daran sein, von dem, was die Schreiber des dicken alten Buches verewigt haben. Auch, wenn die Geschichte zum eigenen Machterhalt und zum dumm-halten des Volkes bis in`s Asch-graue aufgebläht wurde. Niemand kann an den Naturgesetzen vorbei, kein Geist hat diese Macht. Auch Jesus hatte sie nicht, das gehört für mich in`s Reich der Märchen.

Besonders war er schon, bestimmt.

Gottes Sohn – die Vorstellung macht ihn sympatisch, das nimmt meiner höheren Macht die Strenge. Da gab es mal wen, der mich verstehen würde, ohne mich zu verurteilen. Der mit Sicherheit auch so seine Versuchungen hatte. Der lernen durfte, ihnen zu widerstehen. Der in einer Zeit von Vergebung sprach, in der vermeintlich illoyalen Menschen kurzen Prozess gemacht wurde. Der Liebe lebte und predigte, während nebenan Menschen grausam zu Tode kamen. Der aus Liebe zu seiner höheren Macht eher einen grausamen Tod wählte, denn sich selbst und seinen Glauben zu verraten. Wer weiß, vielleicht stimmt es auch, und Jesus war wirklich Teil eines großen Planes, uns von unserer Schuld zu erlösen, indem er diese auf sich nahm.

Mit Sicherheit würde er sich allerdings heute voller Scham umdrehen, wenn er sehen könnte, wie sein vermeintlicher Geburtstag hier auf Erden „gefeiert“ wird. Einer, dem das Kotzen käme, müsste er ertragen, wie das bigotte Abendland derzeit seinen Anteil am Elend nebenan leugnet, ängstlich seine Pfründe hütet, den Nächsten zum Teufel wünscht und verbissen seine „traditionellen Werte“ verteidigt..

Für mich ist er auch nicht der vorbildlich Leidende gewesen, der so gern gezeigt wird, um den Menschen den Mangel als Gottes Wille zu verkaufen und somit die Massen zu beruhigen. Ein Mutiger war er, einer, der sich Zeit seines Lebens für die Schwachen und Rechtlosen eingesetzt hat. Einer, der sich nicht scheute, falsche Heilige mit der Peitsche aus dem Tempel zu jagen.

Macht das Haus meines Vaters nicht zu einem Kaufhause!

Bestimmt hätte ich ihn gemocht.

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PS: Dieser Eintrag sollte eigentlich ein harmloser, kleiner Kommentar zu einem anderen Blog werden. Wie das schon öfter vorkam, geriet das Ganze ein wenig aus dem Rahmen und darum hier her. Deshalb an dieser Stelle Danke, Ananda 🙂