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Von Kölnern, Remscheidern und Sprichwörtern

Gestern biege ich um die letzte Ecke, auf dem Weg nach Hause, und da steht sie wieder, wie jeden Tag, die Maschine mit dem Kölner Kennzeichen. Ein Motorrad fahrender Rheinländer, der warum auch immer das ummelden vergessen hat oder der hier in den Bergen seine Liebschaft dauerbesucht.

Beim Blick auf das Kennzeichen fällt mir ein altes geflügeltes Wort ein, aus meinen Remscheider Zeiten. Remscheid ist die kleinste der drei bergischen Städte, sie liegt im Gegensatz zum Wuppertal auf einem über 300 Meter hohen Bergkegel. Eine Stadt, die mich irgendwie immer an einen Elfenbeinturm erinnert hat, man ist dort sehr für sich. Dieses Gefühl beschleicht einen schon bei der Anfahrt, von Müngsten an der Wupper kommend, wenn man die gut 200 Höhenmeter auf den Serpentinen der engen Landstraße überwindet und auf halben Weg eine Wolke durchfährt. Dieses Gefühl verstärkt sich noch im endlosen Winter-Halbjahr, wenn die Stadt dauernd im nassen Nebel liegt. Oder im Regen, der hier noch häufiger anzutreffen ist als im Tal der Wupper. Wenig Trost spenden da die frischen Winde im Frühjahr und im Herbst, die der Stadt den Beinahmen Seestadt auf dem Berge gegeben haben. Alles zusammengenommen habe ich 14 Jahre dort gewohnt, nicht ungern wohlgemerkt, nur war ich am Ende die Fahrerei leid, die diese etwas abgeschiedene Lage so mit sich brachte.

Der Kölner also erinnerte mich an meine damalige Wahl-Heimat oder besser an den Spruch, jemanden Köln sehen zu lassen, wie man dort so sagt, wenn man jemanden mal seine Grenzen aufzeigen möchte. Lange habe ich das schon nicht mehr gehört, außerhalb Remscheids schon gar nicht, so das ich gestern in`s Grübeln kam, wo solch ein Spruch wohl einst seinen Ursprung hatte. Google war auch nicht sehr auskunftfreudig, vielleicht weiß die Generation Netz ja nichts davon, was es heißt, jemanden Köln sehen zu lassen.  Einzige für mich schlüssige Erklärung wäre zum einen die Lage der Stadt, man kann auf manchen Anhöhen tatsächlich bei schönen Wetter Köln sehen, das gerade mal 40 Km entfernt liegt. Das zusammen mit dem Wunsch, sein Gegenüber damals lieber in den verschwiegenen, dunklen Remscheider Wäldern (mit Blick auf Köln eben) zu verwackeln als vor Zeugen in der Stadt klingt nach einer historischen Erklärung.

Sollte es jemand besser wissen, nur zu, liebe Bergbewohner, ich lasse mich gern belehren.

Update:

Ein Telefonat mit einem altbekannten Beinahe-Remscheider (das sind u.a. die unglücklichen Lüttringhauser, deren Vorfahren Ende der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts zwangseingemeindet wurden) brachte ein wenig Licht in die Spekulation, wenn auch keine gesicherte historische Erklärung: Jemanden Köln sehen lassen steht im günstigsten Fall für kräftige Verarsche, im weniger günstigen Fall dafür, jemanden an den Ohren hoch zu ziehen (Köln sehen? HIER!) und im ungünstigsten Fall für eine ordentliche Tracht Prügel.

Update No. 2:

Eingehendere Recherche im zugezogenen Freundeskreis brachte die Erkenntnis, das es in Sachen bessere Fernsicht (die Ohren!) durchaus lokale Varianten gibt. So spricht man im Raum der Elbe in dem Zusammenhang vom Hamburg-sehen-wollen.

Comedy

So gesehen gestern Abend zu Köln in der Mittelblond-Kulturkneipe, ein winziges, kuscheliges Theater unweit des Domes.

2013-12-27 18.10.50_Mittelblond

Karten müssen mit einigen Vorlauf bestellt werden, da die Vorstellungen weit im Voraus ausverkauft sind. 40 Gäste und das winzige, kleine Theater ist voll. Schwule Comedy vom feinsten, der Theater-Inhaber und Hauptdarsteller Marcos Schlüter begrüßt uns persönlich und schnell ist der kleine Raum gefüllt. Das Publikum – bunt gemischt, jung, alt, schwul, hetero, alles vertreten. Das Stück – Diana, das Mädchen mit der Arschkarte erzählt deren tragische Lebensgeschichte mal anders – rotzfrech, bunt und phantasiereich.

Wir sind zwar nicht spät dran, aber die meisten sind schon da, vermutlich, um sich die vermeintlich „sicheren“ Plätze etwas weiter hinten zu sichern. Allerdings bietet das nur begrenzten Schutz vor loser Anrede, ehe man sich versieht, ist man eine feste Größe in der Vorstellung. Geschminkt und verkleidet darf sich eben einiges erlauben, der Narr lässt grüßen. Wer nicht wechseln kann, hat Pech sozusagen und wird spontan in schöner Regelmäßigkeit zur Belustigung der anderen mit in die Show einbezogen. Wer allerdings schadenfroh zu laut lacht, darf sich sicher sein, mit in den Focus des Hauptdarstellers zu rücken. Wer gar nicht lacht, bekommt auch, was er/sie braucht: Gefällt es ihnen nicht? Doch, ja? Na, dann sagen`se dat mal ihrem Gesicht! Wir saßen übrigens in der ersten Reihe…wurden aber, warum auch immer, weitestgehend „verschont“.

Das Ensemble ist spitze, mich hat am meisten Marcos Schlüter in seinen Bann gezogen. Eine einzigartige Mimik und Gestik, dazu eine sagenhafte Stimme, im schnellen Wechsel mal leise, mal laut röhrend.

Fazit: Gern noch einmal, beizeiten.

Macht & Pantomime

Freitag vor 8 Tagen. Die Liebste und ich fahren gen Köln, die armenische Gemeinde im Norden der Stadt  besuchen. Wir freuen uns auf den Abend, aus mehreren Gründen. Die Liebste, weil sie so Gelegenheit hat, sich wieder einmal in ihrer Muttersprache zu unterhalten und gemeinsam freuen wir uns auf den Gast-Auftritt von Vertretern des staatlichen armenischen Pantomime-Theaters.

Mich interessiert die Veranstaltung zum einen wegen der Art der Verständigung. Da ich nun kaum ein Wort armenisch verstehe oder spreche, bin ich auf Staaten-übergreifende Familientreffen stets stark auf Mimik und Gestik angewiesen, um halbwegs mitzubekommen, was in den Menschen vorgeht. Pantomime ist ja das Spiel mit der Überzeichnung von Mimik und Gestik, oft zusammen mit Maske und Verkleidung, es braucht dazu keine Sprache. Besser können sich Menschen verschiedener Sprachen nicht verstehen.

Faszinierend ist für mich auch das Thema der Aufführung sowie die Einfachheit unter den Voraussetzungen in dem kleinen Gemeindesaal. Es geht um die Macht, in ihren ganzen Facetten. Während der knapp halbstündigen Aufführung symbolisiert eine junge Frau die Verheißungen und Verlockungen der Macht. Ein simpler Stuhl verkörpert die Macht an sich und ein alter Mann steht für den Verführten, den Macht-Besessenen. Das Spiel folgt einer Regie, wie es im täglichen Leben so oft zu finden ist. Vielleicht bei irgendwelchen Vereins-Vorsitzenden, bei den Vorgesetzten mit ihren Weisungsbefugnissen am Arbeitsplatz bis hin zu den gewählten Vertretern der Macht und schlussendlich der praktizierenden Staatsmacht mit ihren Gewalten. Nicht zu vergessen ist auch die Machtverteilung im kleinsten Rahmen, in Beziehungen und Familien.

Es beginnt wie immer mit Verlockung, Verführung, Verheißung. Vorsichtige Annäherung an den ersehnten Zustand mit folgender Inbesitznahme der Macht-Position. Erkennen der Möglichkeiten von Macht-Ausübung und auch Macht-Missbrauch. Die Schwere der Verantwortung, die Macht mit sich bringen kann, ist zu spüren, gegen Ende wird sichtbar, das die gerufenen Geister nicht einfach wieder abzulegen sind.

Eine schöne Aufführung, hier einige Bilder, leider in minderer Qualität aufgrund der Licht-Verhältnisse, aber sie sprechen, denke ich, dennoch für sich.

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Am Ende…

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