Karfreitag 2018

Heute ist also der so genannte stille Oster-Feiertag, an dem Jesu Kreuzigung gedacht wird. Weltlich gesehen war das zunächst einmal ein Gewaltverbrechen, ausgeübt von den damals herrschenden Machthabern, aus politischem Kalkül. Die Amtskirchen sagen, er sei für uns gestorben, hat unsere Sünden auf sich genommen und uns somit Zugang zum ewigen Leben ermöglicht. Glaubenssache eben.

Was macht das mit mir? Gut möglich, denke ich. Wobei die Bibel Menschenwerk ist, eine Produkt vieler Zeitalter, geschrieben aus dem Geist der jeweiligen Epochen heraus. Was mich zunächst skeptisch stimmt, weil das geschriebene Wort selten absichtslos entsteht. Dann ist es für mich als ein Mensch, der gerne um viele Ecken denkt, sehr verlockend, zu glauben, gut so – einer für alle, wie praktisch, dann könnte ich ja theoretisch haushalten nach Belieben, is`ja schon alles bezahlt. Das ist bestimmt des öfteren in vielen Köpfen so gelaufen, glaube ich. Allerdings funktioniert das nur scheinbar, da gibt es ja noch das Gesetz von Ursache und Wirkung, oder, einfacher gesagt, wie Du mir, so ich Dir. Das Leben antwortet mir, so oder so. Man nennt es Karma, ich mag dieses esoterisch besetzte Wort nicht, aber so ist es eben.

Vor nunmehr gut elf Jahren bin ich der evangelischen Kirche wieder beigetreten, trotz oder vielleicht auch gerade wegen aller Zweifel an dem geschriebenen Wort in dem dicken, alten Buch. Ein Schritt aus der tiefen Erkenntnis heraus, das es keinen Zufall gibt, im Leben. Aus Dankbarkeit heraus, überlebt zu haben, meine aktive Zeit als süchtiger Mensch. Aus dem Bedürfnis heraus, etwas zurück zu geben, ein klein wenig daran teilzuhaben, dass vielleicht die eine oder andere Einrichtung doch nicht geschlossen werden muss und weiter arbeiten kann, im Dienst am Nächsten. Und – für mich heute das wichtigste – ich fühle mich getragen und geborgen in meinem Glauben. Er hilft mir, mit meinen sicherlich immer noch zahlreichen Charaktermängeln klar zu kommen oder besser, sie wo immer möglich, loszulassen bzw. auf ein für mich und andere erträgliches Maß zu reduzieren.

Gerade, wenn Leben in manchen unruhigen Zeiten nur „auf Sicht“ möglich ist, hilft mir mein Glaube. Darüber hinaus denke ich, es schadet nichts, sich einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten anzuschließen, von denen der weitaus überwiegende Teil ernsthaft um eine etwas bessere Welt bemüht ist. Jede, jeder auf ihre, seine Weise. Dafür hätten sie ihn nicht gleich an`s Kreuz nageln und grausam langsam sterben lassen, denkt es in mir. Andererseits ist es für mich auch abseits vom Glauben eine realistische Vorstellung, dass es sich so zugetragen haben mag. Mein Bild von Jesus ist das eine aufrechten, durchaus auch streitbaren Menschen, der von göttlicher Liebe überzeugt war, Bigotterie und Doppelmoral verabscheute. Damit hat man eben nicht nur Freunde.

Als Ausrichtung taugt das, was er gesagt und gelebt haben soll, allemal, für mich. Von dem unrühmlichen Ende einmal abgesehen. Aber solchen Menschen sind eben sehr selten zu Lebzeiten noch Denkmäler gebaut worden …

Uns allen friedliche und ruhige Ostertage !

 

22 Gedanken zu „Karfreitag 2018

  1. katrin

    Ich stimme dir zu! Ich mag gerade Ostern und diese Osterbotschaft, die für mich bedeutet: da war jemand von dem überzeugt was ihm wichtig ist, das ist die Nachstenliebe, und hat dafür auch in kauf genommen, das es eben nicht glatt läuft. und macht trotzdem weiter. Als Mensch und nicht als abgefahrener Gottessohn. schöne Ostern! Katrin

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    1. Reiner

      Genau so 🙂
      Danke für`s hereinschauen & auch Dir eine gute Osterzeit !

      PS: Schaue mal deinen Link – es fehlt der Punkt zwischen „zeiten“ und „blog“

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      1. Regine

        Ich bin nicht in die Kirche eingetreten, auch weil ich es nicht aushalte, in den Kirchen dieses Kreuz mit dem angenagelten Menschen zu sehen. Für mich könnte die christliche Religion gerne ein anderes Symbol für das Leben und den Glauben finden, dann würde ich meine Entscheidung vielleicht noch einmal überdenken. Ansonsten könnte ich alles unterschreiben, was Du hier geschrieben hast.
        Ich wünsche Dir fröhliche und friedliche Ostern, lieber Reiner! Regine

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        1. Reiner

          Der Fisch als urchristliches Symbol anstelle des alten Folter-Instrumentes ist mir auch sympathischer, ja. Es sind nur Sinnbilder…Danke für`s hereinschauen und auch Dir ein gutes Osterfest, liebe Regine !

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  2. Sabina

    Hallo Reiner, dein Jesusbild gefällt mir!
    Karfreitag erinnert mich an all die, die heute noch „gekreuzigt“ werden: Gemobbt, weil sie anders sind oder denken, oder einfach nur ehrlich und fair handeln. Ausgestossen und verlacht, weil sie zu ihren aufrechten Überzeugungen stehen. Usw. Gerade innerhalb kirchlicher Institutionen gibt es immer wieder „Kreuzigungen“ … insofern spiegelt die Bibel ewige Wahrheiten.
    Da bekommt Ostern erhebliches Gewicht! Die Auf-er-stehung ruft jedem zu: Gleichgültig, was die Welt dir angetan hat, du hast ein Recht auf Leben, du darfst weiterhin aufrecht durchs Leben gehen!
    Frohe Ostern wünscht dir und deinen Lieben Holda Stern

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    1. Reiner

      Danke für`s hereinschauen hier, liebe Sabina.
      Und ja, es ist nicht alles in bester Ordnung innerhalb der Kirchen. So wie überall, wo sich Menschen zusammenschließen, gibt es auch hier schwarze Schafe, ich weiß. Menschlich, leider.

      Dir und den Deinen ebenso ein gutes Osterfest !

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  3. Bisou

    Erst einmal meinen Dank fürs Einblick schenken.

    Er ist für uns/andere gestorben, das ist letzte Woche der Polizist in Frankreich auch, oder so mancher Feuerwehrman, etc… Sterben um andere zu retten gibt es öfter. Hätte seine Geschichte die Zeiten überdauert wenn er „nur“ gestorben wäre?
    War sein Sterben nicht eher Mittel zum Zweck?
    Es brauchte seinen Tod damit er uns seine Auferstehung schenken kann? In der Auferstehung ist er einmalig, in der Auferstehung schenkt er Zuversicht, Sinn, Vertrauen.
    Der Karfreitag ist hier übrigens kein Feiertag, bestimmt beeinflusst sowas auch die Denkweise…

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    1. Reiner

      Für meinen Teil bin ich mir sicher, dass das hier nicht alles ist, irgendwann alles war. Dass ER seinen Anteil daran hat, kann schon gut sein … einst werden wir es wissen.

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      1. Bisou

        Diese Gewissheit, dass das hier nicht alles ist, nehmen wir doch aus der Auferstehung oder?

        Ach ne, glaubten irgendwie alle alten Völker auch.
        Danke fürs anschubsen 🙂

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  4. TeggyTiggs

    Danke für die Mitteilung Deiner Gedanken!

    …ich denke, auf eine Weise ist er für uns gestorben, jedoch nicht, weil er dies beabsichtigt hat, sondern aus seiner Überzeugung heraus, dass sein Weg der Ehrlichkeit und der Liebe, und eines Weges der Reinheit im Glauben an das Lichtvolle auch für jeden von uns möglich ist…

    …ermordet wurde er, weil seine Überzeugung den Machthabern Angst machte…ihre Macht würde in Frage gestellt, würden sich mehr Menschen die Überzeugung Jesu zu eigen machen…solche Überzeugungen sind ihnen gefährlich…

    …und ich verstehe gut das Bedürfnis, einer Gruppe von Gleichgesinnten angehören zu wollen, in Gemeinschaft kann sich Energie vervielfältigen, wir sind nun einmal gesellige Wesen…

    …das Göttliche segne Dich!

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  5. gerlintpetrazamonesh

    Lassen wir die sogenannte und selbst unter den verschiedenen christlichen Sekten sehr (bis aufs Blut, oh ja) umstrittene Heilsgschichte beiseite, so steht gerade in diesem neuen Testament viel Eingängiges, das wörtlich oder auch zeitgemäß interpretiert manches Schaf aus der Grube retten und manchem Mitmenschen gut tun würde. Gerade im nahen Osten, aber beileibe nicht nur dort, akzeptiert man den Mann aus Samara immer noch nicht, kann gerade den Nachbarn nicht leiden.

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