Lose Tage

Der letzte Freitag hat seinem Namen mal alle Ehre gemacht, er war für mich arbeitsfrei. Das passt gut mit dem gegenwärtigen Wetter zusammen, kann ich doch einiges mit dem Rad erledigen. Nachdem die Liebste gestern am Bahnhof verabschiedet wurde, widmete ich mich den Dingen, die sonst eher Samstags dran sind. Einkäufe, Haushalt, sowie einige Erledigungen, die schon länger auf mich warteten.

So weit, so gut. Habe ich auf diese Weise ein entspanntes Wochenende hier daheim, mit zwei sehr schläfrigen Katern, mit denen lässt sich gut leben. Männerwirtschaft sozusagen. Der Laserpointer hat neue Batterien, Punkte jagen geht also wieder. Das muss sein, damit die beiden nicht in ihrer Traurigkeit versinken, in Abwesenheit ihres Lieblings-Menschen.

So ganz nebenbei habe auch ich einiges zu lachen, wenn die beiden durch die Bude schranzen. Das lenkt  mich von manchen trüben Gedanken ab, die nichts mit meinem derzeitigen Strohwitwer-Dasein zu tun haben. Das geht in Ordnung, weiß ich doch um ihre Beweggründe und auch dafür liebe ich sie. Früher – ja früher, da gab es immer irgendwelche äußeren Dramen, die manche Zustände  rechtfertigten. Die üblichen Leiden eines frisch Geschiedenen – Beziehungsdramen, Unterhaltskrimis, und so weiter. Nichts davon ist geblieben, mein Leben verläuft zumindest privat in geordneten Bahnen, so sagt man. Beruflich ist es nicht ganz so entspannt, aber mir wäre vermutlich recht fad, wenn alles rund laufen würde.

Geblieben ist neben manchen unruhigen, arg bebilderten Nächten dieses Gefühl von Traurigkeit und Verlassenheit, das schon immer zu mir gehörte, das mal mehr, mal weniger deutlich zu spüren ist. Der schwarze Vogel auf meiner Schulter, wir sind mittlerweile nicht gerade Freunde geworden, aber man arrangiert sich. Ich lasse ihm seinen Raum, aber Futter bekommt er nicht mehr.

Aktivitäten aller Art mag er nicht, der schwarze Vogel. Dann ist er still und lässt mich machen. Empörung schätzt er ebenso nicht, mit Adrenalin hat er es nicht so. Fatal wäre es aber, mich darum ständig empören zu wollen, das liegt mir fern, weil ungesund, lässt sich nur leider nicht immer vermeiden. Das hat in letzter Zeit viel mit der Kälte da draußen zu tun, und damit meine ich nicht die augenblicklichen frostigen Temperaturen. Sondern eher die Kälte mancher Zeitgenossen, die, selbst nicht gerade vom Schicksal gesegnet, den Menschen, denen es noch schlechter geht, nicht das schwarze unter dem Nagel gönnen. Dann wird es Zeit, den Fokus zu ändern. Nicht, dass ich mir die Welt dann schön denke, sondern ich schaue auf die Hoffnung in der Gestalt eben anderer Mitmenschen, auf manche Schönheit, die überall zu finden ist.

Dem förderlich ist das sonnige, wenn auch eiskalte Winterwetter derzeit. Angezogen wie eine Zwiebel setze ich mich auf`s Rad. Licht, Luft und Sonne sind die besten Mittel der Wahl, den schwarzen Vogel zu lüften. So geschehen auch gerade eben wieder, nach einem kurzen Abstecher in die Stadt mache ich mich auf dem Weg in Richtung Nordbahntrasse, die letzten Sonnenstrahlen einfangen. Als langjähriger Nutzer dieser unserer innerstädtischen Piste kenne ich die Ecken, wo es sich besonders lohnt zu verweilen, am frühen Morgen ebenso wie am späteren Abend.

So stehe ich auf der ehemaligen Deponie im Westen der Stadt, lasse mich vom eisigen Wind streicheln und staune. Ein Aufstieg, der sich lohnt …

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13 Gedanken zu „Lose Tage

  1. Ilanah

    Schöne Bilder, schöne Stimmung, finde ich.

    Den schwarzen Vogel kenne ich auch, ich habe ihn ganz nach C.G. Jung in die schwarze Dame umbenannt, die mich immer wieder mal besucht.
    Verscheuchen lässt sie sich nicht, ich komme am besten mit ihr klar, wenn ich sie „zum Tee oder Kaffee einlade“. Dann frage ich sie, was sie will, meistens bekomme ich eine hilfreiche Antwort.
    Sie ist ein Teil von mir und hat auch ihre Bedürfnisse, denke ich mittlerweile.

    Mach dir einen schönen Abend, lieber Reiner.

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    1. Reiner

      Der schwarz Gefiederte, oder, wie Du ihn nennst, die schwarze Dame, sie wollen nicht geliebt, sondern angenommen werden, ja. Dann führen sie zumindest kein Eigenleben.

      Danke & Hab`einen guten, sonnigen Sonntag !

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  2. Silberperlen

    Deine schwarzen Raben … bei mir schauen sie auch ab und an durchs Fenster.
    Du weißt ja, es sind kluge Tiere und wenn man ihnen gut zuhört, zeigen sie uns ziemlich genau den Weg.
    Dann sitzen sie im Baum vor dem Haus, bei mir ist es eine uralte Erle und freuen sich, dass sie wieder ein wenig Bewegung in mein Leben gebracht haben :-).
    Lieber Reiner, ich grüße Dich herzlich
    Barbara

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    1. Reiner

      Sie weisen den Weg, im Ausschlussverfahren.
      DA geht es nicht lang …
      😉

      Danke, und auch Dir liebe Grüße sowie einen guten Sonntag, bei dem schönen Wetter !

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  3. Bisou

    „… aber mir wäre vermutlich recht fad, wenn alles rund laufen würde.“ – Keine Sorge, wenn es dann mal rund läuft, dann kommt das feintuning.

    „Dann wird es Zeit, den Fokus zu ändern. Nicht, dass ich mir die Welt dann schön denke, sondern ich schaue auf die Hoffnung in der Gestalt eben anderer Mitmenschen, auf manche Schönheit, die überall zu finden ist.“ – unsere Nachrichtensendungen, gar die Mitteilungen bei einer Begegnung beschränken sich fast ausschliesslich auf das Negative. Aus dem Grund habe ich vor geraumer Zeit beschlossen mich nur noch einmal am Tag den Nachrichten zu widmen und die restliche Zeit meine eigene Nachrichtenmoderatorin zu sein, selber zu entscheiden worauf ich schaue oder was ich noch kommentiere.

    Ich war gestern auf meiner Nordbahntrasse, also auf der Vennbahn Trasse unterwegs. Jetzt wo alles verschneit und grösstenteils vereist ist, kein Rad weit und breit. Mit einem lieben Menschen die Sonne genossen und die eiskalten Nasen waren uns hinterher willkommenes Alibi zu einem Kaffee 🙂

    Dem Männer Trio noch einen schönen Tag

    Ach ja, kommt Strohwitwer daher weil früher auf Stroh geschlafen wurde, der alleine gelassene sich des Strohs bewusster wurde? Dann wärst du 2018 ein Daunenwitwer… grins, sorry, Gedankengang…

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    1. Reiner

      Nachrichten-Konsum limitieren lohnt sich, angesichts dessen, was so um uns herum geschieht. Die Sache mit dem fokussieren – Verändert nicht direkt die Welt, wirkt sich unmittelbar positiv auf`s Gemüt aus. Wenn`s dem dann besser geht, strahlen wir auch andere Energien aus, auf unsere Nächsten. Was denen möglicherweise auch zugute kommt. So gesehen ist das (positive) fokussieren schon ein Mittel der Wahl (!), die Welt zu verbessern. Wenn auch nur im kleinsten, aber da fängt es ja an.

      An der Sonne war ich auch heute Mittag, es ist zwar hier immer Völkerwanderung an so schönen Sonntagen, aber Hauptsache raus. Die Vennbahn … geht mir der total gelungene Werbefilm nicht aus dem Kopf. Irgendwann mal …

      Daunenwitwer 😀 Es gibt in der Tat keine schlüssige Wortherkunftserklärung dazu, selbst Wiki nennt mehrere Varianten. Mir selbst erscheint das Stroh als recht vergängliches Material ein gutes Gleichnis für temporäre Zustände. Sei`s drum, sagt man so, ich also auch.

      Danke für`s hereinschauen und auch Dir einen guten Restsonntag !

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  4. TeggyTiggs

    …liest sich gut, Dein beschaulicher Blick auf die Welt und das Leben…Älterwerden hat sein Gutes, wenn es sich mit Gelassenheit verbindet…liebe Grüße!

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  5. Maria Anhaus

    Danke für diesen wunderbaren Blog. Das Lesen darin ist Nahrung für Geist und Seele. Ich wünsche Ihnen eine gute und gesegnete Zeit. Grüsse von Maria.

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  6. gerlintpetrazamonesh

    Ob das ein Rat, ein guter sein kann? Aber wenn der schwarze Schultervogel, die olle Krähe, wieder zu aufdringlich wird könnte man die Katzen daruf hinweisen, dass da ein Federvieh im Raum ist… Wenn sie erst mal den statt der Lichtpunkte ins Raubtierauge gefaßt haben, dann geht erst recht die wilder Wohnzimmerjagd los.

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