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Bestandsaufnahme 220529

Sonntag früh, nach einer gewohnt unruhigen Nacht Zeit zum sammeln. Den Tag gestern Revue passieren lassen, ein paar stärkende Zeilen lesen, Morgenrituale. Zuhause war Thema gestern, hier. Ich habe ein physisches Zuhause, und dafür bin ich dankbar, in dieser Zeit, in der die Bilder aus den akuten Kriegsgebieten daran erinnern, dass es auch ganz anders kommen kann.

In mir sieht es dagegen wiederum anders aus. Die gegenwärtig anstehenden regelmäßige Besuche bei meinen Eltern erinnern mich daran, wo ich herkomme. Jahrzehnte lang habe ich den Kontakt auf ein Minimum begrenzt und hatte meine Gründe dafür. Das ist nun der Gebrechlichkeit wegen anders und ich stelle mich dem, so gut ich kann. Das ist weniger ehrenwert, als es klingt, damit folge ich lediglich einem als lehrreich erkannten Muster, entgegen dem, was ich einst mitbekommen habe. Innehalten, bleiben. Einfacher wäre – und mehr als einmal spüre ich diesen Impuls – einfach alles stehen und liegen zu lassen. Seht zu, ich haue ab. Mache ich natürlich nicht, weil ich es mir zum einen nicht verzeihen könnte, zum anderen weil ich davon überzeugt bin, dass das Universum auf solch ein Verhalten antwortet.

Was bleibt, ist eine Gemengelage aus anstehenden Aufgaben – das ist der leichtere Teil, den kann ich – und Gefühl, da sieht es anders aus. Heimatlos, was ein innerer Zustand ist und nicht an einen Ort oder an einen Menschen gebunden, verloren in der Welt, innerlich zerrissen, leer. Es ist nicht nur die Folge meiner aktiven süchtigen Zeit, die mich nach Meinung mehrerer Menschen vom Fach einige Nervenzellen gekostet haben soll. Es ist auch die Folge dessen, was ich nun aus der sich ergebenden Nähe erlebe, die Folge des gnadenlosen Blicks auf meine Wurzeln, auf meine familiäre Herkunft. Und nein, es geht nicht um Schuld oder dergleichen, jeder Mensch gibt stets sein Bestes, was nichts über dessen Qualität, über dessen Auswirkungen auf andere aussagt. Niemand, so sagt man, sucht sich bewusst seine Herkunft aus. Alles weitere ist Bestimmung, die sich unserem Verstand entzieht.

Dieses Gefühl, in meinem nur noch einige Tage währenden 60sten Lebensjahr auf einen weiteren Nullpunkt zuzusteuern – was negativer klingt, als es möglicherweise ist. Revue passieren lassen oder Innenschau halten hat immer wieder etwas mit Kapitulation zu tun. So ist es, jetzt. So wird es nicht bleiben – in absehbarer Zeit wird sich vieles gelöst, aufgelöst haben. Die Eltern werden mir voran gegangen sein, mein Berufsleben wird zu einem Ende gefunden haben. Was wird bleiben? Werde ich Heimat finden? Es gibt durchaus Hoffnung. Hoffnung darauf, dass diese Kraft, die Welten erschafft und immer aufs Neue nach Gleichgewicht strebt, auch wenn vorheriges Chaos dazu unerlässlich ist, dass diese Kraft mir dabei helfen kann, so etwas wie eine innere Heimat zu finden. Auch das ist jenseits vom Verstand, ein Gefühl, nicht durchgängig präsent, eher wie ein zarter Spross, der gerade das Licht erblickt. Aber, so scheint es, kräftig genug, um Hoffnung zu verbreiten.

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Fundstück vom Wegesrand – auch Mauern sind überwindbar.

Ende November

Wupperpostille und Wassertiger. Eigentlich wollte ich diese Nische hier schon platt machen, aber dann überkam mich der Ehrgeiz, der Seite ein neues Gesicht zu geben, erst mal nur, um mir selbst zu beweisen, dass ich noch lernfähig bin, was das selber-hosten angeht, vom Netz nehmen geht immer noch. Sichtbar ist davon nur wenig, schwarz-weißer ist es geworden, vielleicht auch düsterer. Sei`s drum. Die größten Änderungen sind nicht sichtbar im Hintergrund erfolgt – die uralt-Wordpress-Software ist endlich mal modernisiert. Das Design der Seite ist weitestgehend unverändert, auch die Inhalte der Seiten. Warum auch, sie haben immer noch ihre Gültigkeit. Vielleicht kommt irgendwann eine Art Podcast hinzu, dank neuer Software stehen mir auch wieder alle modernen Möglichkeiten zur Verfügung.

Kurz nach vier Uhr – es wird dunkel und die Zeit vergeht gefühlt langsamer als üblich. Ich bin daheim und darf eine Gürtelrose auskurieren, deren Behandlung den Tag in 4.5-Stunden-Einheiten zerlegt, der antiviralen Bomben wegen, die Nächte inbegriffen. Mal was Neues, kannte ich noch nicht, eine Erfahrung, die nicht wirklich nötig gewesen wäre. Wenn ich nicht gerade schlafe, lese, döse oder Katzen bespiele (die sind mit der Gesamtsituation recht einverstanden), sitze ich vor dem Schirm und lasse mich vorzugsweise mit Filmen aus der Konserve berieseln, ab und zu schreibe ich ein paar Zeilen bei befreundeten Bloggern. Darüber hinaus halten sich meine Netz-Aktivitäten derzeit in Grenzen. Hin und wieder Nachrichten, wohl dosiert, und vor allem keine Kommentare dazu lesen, geschweige denn mit diskutieren wollen. Mir juckt das Fell derzeit auch so schon genug, meine Hauterkrankung zeigt Rückzug an. Zur derzeitigen Lage in Sachen Seuche ist eh das meiste gesagt. Manche reden von einem beginnenden pandemischen Zeitalter, aufgrund des explosiven Wachstums unserer Spezies im Verbund mit ungehemmter Reisetätigkeiten. Alles mögliche wird hinein-interpretiert, ich hab es satt, mit denen zu reden, die aus einem Virus eine Verschwörung machen. Viren sind so alt wie die Menschheit und machen eigentlich nur das, was sie immer schon gemacht haben – sich nach Kräften verbreiten und dort mutieren, wo sie es können, vorzugsweise bei nicht-immunisierten Trägern. So gesehen ist die eigene Wohnung derzeit der sicherste Ort. Auch, wenn ich derzeit nicht so derangiert wäre, zöge mich nichts nach draußen. Schon gar nicht in die vollen Innenstädte oder gar auf die Weihnachtsmärkte.

So fühlt sich die ständige Puderei an – Danke, Till, für die nette Anregung.

Und so pflege ich meine Auszeit. Beinahe belustigt stelle ich fest, dass ich immer noch ein schlechtes Gewissen habe, derzeit arbeitsunfähig zu sein, wie es so schön heißt. Geht das irgendwann auch mal weg? Davon abgesehen würde ich gerne werkeln, weil ich es alles in allem gerne tue. Soll gerade nicht sein, nicht zuletzt darum nicht, weil niemand wirklich gerne auf seiner Haut Rosen züchten möchte, so wie ich gerade.

Die Leute sagen,
ich sei ungesund…

Passt auch sonst ganz gut zur derzeitigen Stimmung.

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