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Energie

Der Titel könnte auch heißen: Aus einem Traktor wird kein Porsche – oder so ähnlich. Umgekehrt wohl ebenso wenig. Wenn ich so zurück blicke – augenscheinlich ist mir der Traktor näher als der Porsche, immer schon gewesen. Von Kindheit und Jugend fange ich erst gar nicht an, die waren bestimmt von Angst, Blockaden, sowie dem daraus resultierenden Phlegma. Das änderte sich mit Beginn meiner Berufsausbildung, mit den ersten bescheidenen Erfolgen lernte ich auch so etwas wie Ehrgeiz kennen. Eine Geschichte für sich, obgleich die Art und Weise, wie die Dinge angegangen werden, also der Einsatz von persönlicher Energie, schon irgendwie dazu gehört.

Aller Anfang ist schwer, das gilt für mich bis heute. Im liegen-lassen bin ich Spitze, nicht, weil es an der Einsicht mangelt, etwas mal allmählich anzugehen, der gefühlte Anlaufwiderstand ist einfach enorm. Dazu gesellt sich aus jahrelanger Beobachtung die Erkenntnis, dass es nicht immer lohnenswert ist, die Dinge zeitnah anzugehen. So vieles regelt sich ganz ohne mein Zutun, was bleibt, ist die Kunst der Unterscheidung unter Abwägung der möglichen Folgen von tun oder eben (unter-) lassen. Anderes ähnelt stark altem Wein, was nur lange genug liegt, verliert öfter als gedacht an Priorität, ändert sich bisweilen noch ein paar Mal oder wird irgendwann völlig überflüssig. Na also, denkt es dann in mir. Ist so selten auch nicht.

Faulheit? Würde ich nicht so nennen. Eher Pragmatismus im Umgang mit der mir zur Verfügung stehenden Energie, und die nimmt ja beim älter-werden nicht unbedingt zu. Haushalten ist also angesagt, Planung und ein gerüttelt Maß an Routine sind dabei äußerst hilfreich, wenn schon Aktion angesagt ist. Außen vor sind dabei solche Situationen, die sofortiges Eingreifen erforderlich machen, da sind andere Potentiale gefragt und auch abrufbar. Nur – so oft, wie mein soziales Umfeld mir das glauben machen will, wollte, vorzugsweise beruflich, war und ist das weiß Gott nicht der Fall (gewesen). Also kommt mir nicht mit eilig, denkt es dann in mir, oder nennt mir gute Gründe und macht euch an entsprechender Stelle wichtig. Der Vorteil an einem solchen persönlichen Zuschnitt ist die die damit verbundene Fähigkeit, den Dingen auf den Grund zu gehen, erst von ihnen abzulassen, wenn etwas endgültig erledigt ist, allen Widerständen und mittendrin auftauchenden Herausforderungen zum Trotz, Stichwort Traktor. So kannte ich selten Scheu vor größeren Projekten, auch wenn sie zunächst wie ein Berg vor mir standen. Eines nach dem anderen und das wichtigste zuerst. Mars im Zeichen Stier eben. Der Traktor schlechthin 😉

Überhaupt sind mir in dem Zusammenhang die alten Römer irgendwie gefühlt nahe, mit ihrem Selbstverständnis. Die kannten gar kein Wort für Arbeit, soweit mit bekannt, nannten sie unvermeidliche Beschäftigungen aller Art die Abwesenheit von Muße, Otium, also Negotium. Na gut, das römische Reich nahm ja bekanntlich kein gutes Ende, kann dem Durchschnitts-Germanen also nur bedingt als Vorbild taugen. Kühlschrank voll und im Winter schön warm zu haben, ist nicht zu verachten, ebenso niemanden etwas schuldig zu sein, zu bleiben.

Sonst so? Brennen soll ich, für was auch immer, und alles geben, nach Möglichkeit. Wer so einen Scheiß verzapft, braucht sich um Widerspruch nicht zu sorgen, weder will ich (ver-)brennen noch alles geben, derweil dann nichts mehr von mir übrig ist. 51% sind immer die meinen, als mein eigener Mehrheitseigner, darauf könnt ihr einen lassen, ihr Phrasendrescher aller Couleur.

Konsequent zu Ende gedacht, klingt das dann ungefähr so,
Stichwort dagegen-halten  😉

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Zurück zum Ursprung

Die Welt ist laut, Menschen lärmen, der innere Lärm tut sein übriges – um so wichtiger ist es, einen Ort der Kraft und Ruhe zu finden, an dem ich mich zurückziehen darf, wenn mir danach ist, auch mitten im größten Trubel. Eine Reise zu mir selbst, wenn ich in Versuchung komme, aufgrund des inneren oder äußeren Lärms außer mir zu geraten. Eine Reise zu einem Ort, wo ich so sein darf, wie ich gerade bin.

Der Eingang ist nicht einfach zu finden, die Tür, eingebettet in einer Umgebung gleich einem Steilhang in den Wupper-Bergen, Moos-bedeckt und mit Efeu bewachsen, passt sich perfekt ihrem Hintergrund an, sie lässt sich mehr erahnen als sehen. Hat sie sich erst einmal finden lassen, geht es hinab in die Tiefe. Eine enge Wendeltreppe führt steil nach unten, es gibt nur wenig Halt und Licht auf dem Weg, so dass beim Abstieg Achtsamkeit und Langsamkeit ebenso geboten sind wie das Vertrauen auf gute Führung.

Der Weg führt in einem Raum, weit unten, er lässt sich von außen mit den Händen spüren, um den Bauchnabel herum. Es herrscht dichter Nebel, der ängstigt und zunächst orientierungslos macht, zum verweilen und spüren anhält, derweil nur das leise Fallen von Wassertropfen zu vernehmen ist. Nach einer Weile bangen Wartens lichtet sich der Nebel, ein angenehm stiller, friedvoller Ort gibt sich zu erkennen. Ein Ort wie getaucht in warmen Licht tut sich auf, der zum ruhen einlädt, zum ruhen und so zu sein, wie ich gerade bin, mit allem, was mich gerade jetzt in diesem Moment ausmacht. Ein Ort zum gut-sein-lassen, wie immer sich das gerade auch anfühlen mag.

Keine Ruhe ist ewig, im irdischen Leben, und so wird es Zeit, wieder aufzubrechen, den Rückweg nach oben anzutreten, der nun zwar vertrauter ist als zuvor beim Abstieg, aber dennoch nur langsam zu gehen ist. Die dazu erforderliche Zeit hilft nicht nur den Weg zurück sicher zu beschreiten, sie hilft auch, die gerade gespürten Eindrücke zu bewahren, hinein in die Welt, die Realität genannt wird.

Bis zur nächsten Reise …

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Meditation

Seit einiger Zeit besuche ich eine kontemplative Meditationsgruppe unserer Kirche hier in der Stadt. Mir gefällt der christlich-mystische Hintergrund, und – das Schweigen hilft mir, zur Ruhe zu finden. Ruhe, ein Zustand, den die meisten Menschen im Alltag nur selten kennen, mich selbst eingeschlossen. Zur Ruhe finden meint, ich darf sie erst einmal suchen. Was mir allerdings bis dahin so alles begegnet, hat zunächst einmal mit Ruhe nicht viel zu tun. Mein Geist ist der sprichwörtliche wilde Affe, der macht, was er will. Springt zeternd von Synapse zu Synapse und mag sich erst einmal überhaupt nicht mit der Umgebung anfreunden.

Du wolltest doch noch einkaufen … mal sehen, ob du nachher im Quartier noch`n Parkplatz kriegst … was war nochmal mit den Eltern … das große Kind solltest du auch mal wieder anrufen. Löcher in den Wänden daheim zuschmieren – hast du noch genug Mörtel, und wie alt ist der eigentlich, geht der noch…

Halt einfach mal die Klappe, jetzt.

Woraufhin zunächst beleidigtes Schweigen herrscht. Der Körper sitzt immerhin gerade auf der Bank, der Atem fließt ruhig, meine einzige halbwegs bewusste Tätigkeit ist das Zählen der Atemzüge, um das Zeitgefühl nicht völlig zu verlieren (warum ist das eigentlich so wichtig…) Wieder meldet sich der Affe im Oberstübchen mit einem neuen Anlauf:

Die Maserung von den Holzdielen hier hat irgendwie etwas Psychedelisches … und überhaupt, schau mal da vorne das Schnittbild, sieht aus wie eine Vulva …

Jetzt is`et aber mal gut, hier und jetzt so Gleichnisse und Bilder zu kreieren!

Leises kichern …

Mit der Zeit allerdings wird dem Affen das Spiel zu fad und er fügt sich dem ruhigen, fließenden Atem und der Stille um ihn herum. Trotzig wirft er am Ende noch die gezählten Atemzüge durcheinander, woraufhin ich in der zweiten 20-Minuten-Sitzmeditation das Zählen aufgebe. Zeit vergeht auch ohne Kontrolle. Mir hilft es jedenfalls – nicht nur zur Ruhe zu finden, ebenso die Gesellschaft Gleichgesinnter tut gut. Auch der Schlaf wird ein wenig besser und – Ziel ist es, diese Form von Zur-Ruhe-Kommen mit in den so genannten Alltag zu nehmen. Der Affe hat auch so noch genug zu tun…

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