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Einsamkeit und Sex und Mitleid

Und – nein, das ist keine Status-Beschreibung des momentanen Befindens, sondern es ist der Titel eine Filmes, den wir gestern kurzentschlossen besucht haben. Ein Nischen-Film, ideal für Programm-Kino, derzeit läuft er hier bei uns im Rex-Kino Wuppertal / Elberfeld, eine altehrwürdige Spielstätte in neuem Glanz.

Interessanter Weise startete die Spätvorstellung noch etwas später als geplant, derweil der Regisseur eingeladen war, nach der Abendvorstellung ein paar ausgesuchte Fragen zu beantworten. Wir durften als Gäste der Spätvorstellung schon etwas früher herein und der kurzen Vorstellung beiwohnen, ohne den Film gesehen zu haben, wie die anderen anwesenden Gäste.

Ein typischer Low-Budget Film, der aus immer wiederkehrenden Finanznöten alles in allem von der Idee, den gleichnamigen Roman von Helmut Krausser zu verfilmen, bis zur Fertigstellung an die 6 Jahre brauchte. Die über 30 Figuren des Romans wurden im Film aus Gründen der Übersicht auf 12 reduziert, was völlig ausreichend war.

Menschliche Beziehungen und die unterschiedlichsten Versuche, diese in glückliche Bahnen zu lenken stehen im Vordergrund dieser Tragikomödie, Einzelschicksale, die klassisch überhöht dargestellt miteinander verwoben sind. Der ehemalige Lehrer, der aufgrund einer Intrige Zwangs-pensioniert wurde – Der vor kurzem von seiner Escort-Lover-favorisierenden Frau verlassene Supermarkt-Leiter, in Dating-Portalen nach Erfüllung suchend – Der scheinbar vor Selbstbewusstsein strotzende Polizist und die traumatisierte Carla, die ihn anhimmelt – Der desillusionierte Familienvater mit Frau, 2 Töchtern und seinen Bienen, der eigentlich eher auf Männer steht – Janine, die Künstlerin, ebenfalls in Dating-Portalen unterwegs, Mahmud, der Arab, welcher Svenja (eine Tochter des Familienvaters) gegen Geld gerne lecken möchte – Aaron, Kind freikirchlicher Eltern mit irdischen Gelüsten.

Die Darsteller sind toll, keinem ging es dem Vernehmen nach am Ende noch um`s Geld, sondern darum, dieses fesselnde Projekt zu einem guten Schluss zu führen. Super Kamera-Führung und völlig bizarre Verwicklungen, garniert mit reichlich Nackt-Szenen lassen mich mal kichern, mal lachen, mal tief berührt sein. Menschen, die bis dahin ein so genanntes geordnetes Leben leben durften, verlassen diesen Film vielleicht  mit dem Gefühl
Na gut, war ganz nett, aber total überzogen.

Andere, mich selbst eingeschlossen, verlassen die Vorstellung mit einem eher merkwürdig durchwachsenem Gefühl, wohl wissend, dass das so genannte reale Leben mancherlei Kino-Künste locker toppen kann und keine Überzeichnung manchen Charakteren das Wasser reichen kann. Alles in allem ein gelungener Film ganz nach meinem Geschmack !

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Tschick

Am Donnerstag ist sie angelaufen, die Verfilmung von Wolfgang Herrndorfs Roman Tschick.  Das Buch habe ich berührt zu Ende gelesen, was längst nicht bei allen Büchern der Fall ist. Regie führte Fatih Akim, von dem wir vor einiger Zeit schon The Cut gesehen hatten. Das Buch vor dem geistigen Auge, dachte ich, der Film kann bei  guter Regie gut an das Original heran kommen. Also waren wir gestern mit den Kindern mal wieder im Kino, nach langer Zeit. Überrascht hat mich, das sogar das große Mainstream-Kino den Film zeigt, hätte ich ihn doch eher im Programmkino verortet.

Ein Road-Movie. Der Asi und der Psycho. Zwei 14-jährige hauen ab mit einem geklauten Lada, das große Ziel ist die Walachei, die Heimat von Tschicks Großvater. Wer Berlin kennt, weiß um den Begriff Walachei als Redewendung für ganz weit draußen. Wie die Geschichte am Ende ausgeht, wird schon zu Beginn klar. Darum ging es dem Autor auch nicht. Das Unterwegs ist wichtig und wird von den Schauspielern klasse dargestellt.

Ein Film, der mich sehr warm berührte. Auch ich wurde mal Psycho genannt 😉 Nur zum abhauen hat es nie gereicht. Meine Flucht ging nach innen.

Ist euch schon mal aufgefallen,
das Spiegel immer nur links und rechts vertauschen,
aber niemals oben und unten?

 (Isa, eine temporäre Reisebegleiterin der beiden)

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