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Passend zur Jahreszeit

Wieder der Monat November, wieder die langen Nächte, die kurzen Tage sowie das usselige Wetter. So oft wie diese Woche bin ich auf meinen täglichen Wegen mit dem Rad schon lange nicht mehr nass geworden. Zum Ausgleich gab es dafür heute Nachmittag zwischen zwei Schauern ein paar Sonnenstrahlen, auf meinem Heimweg.

Analog zum Wetter gestalten sich die Befindlichkeiten. Müdigkeit macht sich breit, verursacht durch viel Arbeit in einem turbulenten, beruflichen Umfeld, gepaart mit den nutzlosen, aber leider existenten Sorgen um die letzten Jahre der Erwerbstätigkeit. Wobei derartige Grübeleien, wenn sie schon nicht abzustellen sind, Gott sei Dank heute aufgrund ihrer Nutzlosigkeit nicht lange andauern.

Wenn`s mehr nicht ist.

Es gab ganz andere Zeiten. Zeiten, in denen ich bis in`s Mark geschüttelt wurde, auch durch äußere Umstände, die meinem Unvermögen geschuldet waren, mich selbst so anzunehmen, wie ich nun einmal war. Gerade im November. Habe ich heute schon mal schlechte Tage, erinnere ich mich an damals, als ich schlechte Jahre hatte.

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Dieser Findling ist eine Erinnerung an diese Zeit, die voll von Verzweiflung und Ängsten war. Ein Geschenk von der Bildhauerin C.K., die ihre Gefühle mit Geschick und viel Beharrlichkeit in den Marmor gehauen hat. Wege, die sich kreuzten. für ein Weile.

Einer, der die Wechselfälle des Lebens und die selbst gespannten Fallstricke anrührend in Worte und Melodie fassen konnte, war (und ist bis heute) Hannes Wader, ein Liedermacher alter Schule. Ganz selten höre ich ihn, der aus der Zeit gefallen scheint, heute. Wobei seine Lieder an Aktualität nichts eingebüßt haben.

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Durch die Zeit gefallen

So schrieb ich neulich in einem Kommentar, bezüglich meiner Befindlichkeiten. Es ist ein Gefühl, was mich schon länger verfolgt, mal ganz nah und unmittelbar präsent, mal in sicheren Abstand, schön hinter der letzten Häuserecke versteckt. Was verbirgt sich dahinter? So genau lässt sich das nicht festmachen, es zieht sich durch viele Lebensbereiche, ist eine Gemengelage von Vergangenen und Gegenwärtigen.

Zum einen hängt das vielleicht mit meinem beruflichen Status zusammen. Allen Wandel und technischem Fortschritt zum Trotz bin ich irgendwo Handwerker geblieben, ein digitaler Bastler mit kaufmännischen Hintergrundwissen. Was im Gegensatz zu meiner erlebten Wirklichkeit steht. Die Dienstleistungs-Gesellschaft lässt grüßen, ständig umgeben mich mehr Theoretiker, ein Chor von Wasserträgern, Wasserköpfen und keiner, der es in irgendwelchen klugen Reden nicht noch besser wüsste. Sie passen besser in die Zeit, scheint es, die Krawatten- und Seidenschal-Träger, die Flüsterer, die Krämer-Seelen (würden sie wenigstens richtig rechnen können), die Hofschranzen. Laut und schmutzig war gestern, das machen heute allenfalls die Chinesen oder sonst wer und auf dem Schirm sieht immer alles toll aus.

Andererseits hängt dieses seltsame Gefühl auch mit dem so genannten Zeitgeist zusammen, so, wie ich ihn ganz subjektiv empfinde. Nach außen ist er tolerant, der Geist der Zeit, Tattoo`s, schräge Klamotte, alles geht in Ordnung, soweit beruflich keine Kunden-Kontakte bestehen. Aber wehe, die Umgangsformen stimmen nicht, wehe denen, die zu „emotional“ reden. Die Inhalte sind dann nicht mehr wichtig, dann zählt nur noch der Ton.

Was sich auch im Großen widerspiegelt, in der Politik. Mutti ist pragmatisch, Charisma tut nicht Not, Wahrhaftigkeit auch nicht. Man empört sich Bündnis-treu über die Bösen im Osten und blendet anderes schreiendes Unrecht mit schlechtem Gewissen oder aus puren pragmatischen Geschäftssinn aus. Handels-Partner verärgert man nicht ernsthaft, ein bischen Schimpferchen hübsch verpackt reicht, die Krämerseele lässt grüßen. Noch nicht einmal kann ich mich da aufrecht und mit guten Gewissen empören, da ich zumindest ein kleiner Teil der großen Spieles bin.

Auch möchte ich nicht missverstanden werden. Dieses Land hier hat angesichts seiner Geschichte erstaunliches erreicht, in Sachen Menschlichkeit und Miteinander, selbst, wenn alter Unrat stets durch das dünne Mäntelchen schimmert. Allen Missständen zum Trotze kenne ich kein praktikableres besseres Gesellschaftssystem.

Was nicht heißt, das es nichts zu verbessern gibt.