Sein erstes Mal

Vom Beifahrersitz aus betrachte ich das Geschehen und höre nach einer kurzen Einweisung meinerseits erstmal zu. Geht der Sitz nicht weiter zurück…tönt es fragend an mein Ohr. Der Sitz ist am hinteren Ende, 1.92m sind halt Grenz-wertig. Spiegel werden eingestellt und weiter geht die Fragerei. Das Lenkrad sollte ein wenig höher und der Sitz auch, wie geht das…

Was glaubst du, wo Du hier bist? antworte ich dem großen Kind, das gerade einen technischen Kulturschock erleidet. Sein frischer Führerschein wurde auf einem Golf 7 erworben und nun das. Eine Karpaten-Schleuder auf dem Stand der 80er Jahre. Ohne elektrisches Gedöns wie gerade eben angefragten Komfort. Ohne Zentralverriegelung, ohne Servolenkung, ohne sommerlichen Kühlschrank. Ohne überhaupt so einigen, was eh`nur irgendwann das Zeitliche segnet und dann nach Werkstatt schreit. Eben das Nötigste, fahren geht gut, wenn man Freundschaft mit dem puristischen Gefährt geschlossen hat.

Los geht die Fahrt und meine Bauchschmerzen lasse ich mir so gut es geht nicht anmerken. Einmal will ich mit dabei sein und den Schwall erster Fragen beantworten, dann soll und wird er allein mit dem Auto klar kommen. Gewisse fahrtechnische Disharmonien führen mir hautnah die Folgen meines Entschlusses vor Augen, das mir nicht mehr ganz so heilige Blech zu teilen. Zumal ich, Gott sei Dank, beruflich nicht drauf angewiesen bin, die paar Kilometer fahre ich gern mit dem Fahrrad und so steht der Wagen sowieso zuviel umher. Ganz abgeben mag ich ihn aber auch nicht, also wird dem Ding wieder einen Sinn gegeben und das Kind lernt Auto fahren.

Auch ich lerne etwas. Teilen und Vertrauen haben, das alles gut ist, wie es ist. Zu leben mit dem Risiko, das so einiges daneben gehen kann. Kann, nicht muss. Mich überwinden, Vertrauen zu schenken, so wie ich mir das auch einmal gewünscht habe, es geschenkt zu bekommen.

Fühlt sich alles in allem gut an, auch mit Bauchschmerzen.

8 Gedanken zu „Sein erstes Mal

  1. Uwä

    Im Allgemeinen sagt der Volksmund ja: „Beim ersten mal da tut´s noch weh.“ Genau genommen hatten die 1,92 ihr „erstes mal“ in einem Golf unter professioneller Aufsicht und Nothaltevorrichtungen. So wurde es mehr zu deinem „ersten mal“ und siehe da, du hattest Bachschmerzen 😉
    Meine besten Grüße, insbesondere an das gruße KInd 🙂

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    1. Reiner

      So gesehen hatten wir beide unser „erstes Mal“ 😀
      Die 1.92m fuhren das erste Mal ohne professionelle Begleitung in einem Gefährt, das nach mehrheitlicher Meinung im Land der Autobauer überhaupt kein Auto ist…

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  2. Uschi

    Das ist wohl das Übel unserer Zeit,
    dass die Kinder (bei mir Enkel) ihren „Schein“ auf den ganz modernen Wägelchen machen 😉

    Habe das letztes Jahr mit *einemMetersechsundneunzig* erleben dürfen
    und oftmals Sorge, mein Enkel lenkt mit seinen Knien.

    Allzeit gute Fahrt für deinen Sohn

    und dir einen lieben Gruß
    Uschi

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    1. Reiner

      Der „7“ hat wenigstens noch eine alternative Handbremse zum „Anfahrassistenten“. So war ihm die wenigstens nicht ganz fremd…

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  3. Bisou

    Es ist ein kleines Stückchen auf dem Weg der Rollen Umverteilung.
    Jetzt sind wir Beifahrer und irgendwann werden wir von ihnen geschoben und gewickelt.
    Ja, Bauchweh – schmunzle

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