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Angekommen?

Mir ging es öfter so, in der letzten Zeit, in den letzten Jahren. Da begegnen mir Menschen meiner Generation, also Kinder der frühen 60er des letzten Jahrhunderts. Man erkennt sich und beginnt zu plaudern. Smalltalk, immer schön an der Oberfläche bleiben. Bei manchen werde ich dieses Gefühl nicht los, welches ich nur schwer beschreiben kann. Es ist keine Ablehnung oder gar Neid, nein. Eher so eine für mich gesunde Distanz, die ich da spüre. Eine innere Gewissheit, das eine lange zurück liegende, gemeinsame Zeit so war, wie sie war und nicht wiederkommt. Wertfrei.

Meist handelt es sich bei diesen ehemaligen Weggefährten um Menschen, die man gemeinhin als „etabliert“ bezeichnet. Im Leben „angekommen“. Sichtbare Zeichen sind die typischen Merkmale einer so genannten bürgerlichen Existenz wie z.B. Wohneigentum, größere Fahrzeuge, mehr oder weniger erwachsene Kinder, beruflicher Erfolg, Vereine, Nachbarschaftspflege. Sichtbar ist bei diesen Menschen oft auch Übergewicht, so eine Art Schutzpanzer um das Innerste herum. Das allein ist es aber nicht, was dieses diffuse Gefühl des Abstands bei mir auslöst, nein. Es ist diese Art von Sattheit, von bräsigen sich-breitmachen, dem vermitteln von angekommen-sein, was mich erst einmal auf Distanz gehen lässt, wohl wissend, das Menschen manchmal sehr gute Verpackungskünstler sind, was ihre Ansichten und Gefühle angeht.

Für mich kann ich sagen, das ich auf diese Art nicht „ankommen“ möchte. Überhaupt heißt „ankommen“ für mich mehr so „hier bin ich jetzt und brauche mich nicht mehr zu bewegen“. In diesem Sinne werde ich niemals ankommen. Möchte unruhig und wach bleiben, teilhaben dürfen an dem Geschehen um mich herum. Neugierig möchte ich bleiben. Mich weiterhin berühren lassen möchte ich mich, auch, wenn das nicht immer angenehm ist, so doch zumindest lehrreich.

Unterwegs bleiben eben. Ankommen werde ich einst, wenn ich wieder zurückkehre, dorthin, wo ich hergekommen bin. Bis dahin bleibe ich lieber meine eigene Randgruppe, im Sinne von dem Liedchen weiter unten 😉

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Früher

In regelmäßigen Abständen stoße ich im Netz auf Postings meinesgleichen Geburtsjahrgangs, wo sich in epischer Breite darüber ausgelassen wird, das früher alles besser war. Wo sich bitterlich über die Kinder beklagt wird, die doch nur ihren Vorbildern folgen. So wie wir im übrigen damals auch. Was genau geht da in den Köpfen nur vor, frage ich mich immer öfter.

Früher war alles besser?

1. War es nicht, war anders.
2. Zeiten ändern sich.
3. Seid euren Kindern entsprechende Vorbilder.
4. Gerade, was Konsum angeht.
5. Erwartet nicht, das sie euch gleich folgen.

“Früher, hör auf mit früher,
ich will es nicht mehr hör’n.
Damals war es auch nicht anders,
mich kann das alles nicht stör’n.”

(DTH, Damenwahl, anno 1986)

Auch, wenn ich dieses Lied mittlerweile mit gehörigen Abstand „zu früher“ höre, es hat immer noch etwas 🙂