Meditation

Seit einiger Zeit besuche ich eine kontemplative Meditationsgruppe unserer Kirche hier in der Stadt. Mir gefällt der christlich-mystische Hintergrund, und – das Schweigen hilft mir, zur Ruhe zu finden. Ruhe, ein Zustand, den die meisten Menschen im Alltag nur selten kennen, mich selbst eingeschlossen. Zur Ruhe finden meint, ich darf sie erst einmal suchen. Was mir allerdings bis dahin so alles begegnet, hat zunächst einmal mit Ruhe nicht viel zu tun. Mein Geist ist der sprichwörtliche wilde Affe, der macht, was er will. Springt zeternd von Synapse zu Synapse und mag sich erst einmal überhaupt nicht mit der Umgebung anfreunden.

Du wolltest doch noch einkaufen … mal sehen, ob du nachher im Quartier noch`n Parkplatz kriegst … was war nochmal mit den Eltern … das große Kind solltest du auch mal wieder anrufen. Löcher in den Wänden daheim zuschmieren – hast du noch genug Mörtel, und wie alt ist der eigentlich, geht der noch…

Halt einfach mal die Klappe, jetzt.

Woraufhin zunächst beleidigtes Schweigen herrscht. Der Körper sitzt immerhin gerade auf der Bank, der Atem fließt ruhig, meine einzige halbwegs bewusste Tätigkeit ist das Zählen der Atemzüge, um das Zeitgefühl nicht völlig zu verlieren (warum ist das eigentlich so wichtig…) Wieder meldet sich der Affe im Oberstübchen mit einem neuen Anlauf:

Die Maserung von den Holzdielen hier hat irgendwie etwas Psychedelisches … und überhaupt, schau mal da vorne das Schnittbild, sieht aus wie eine Vulva …

Jetzt is`et aber mal gut, hier und jetzt so Gleichnisse und Bilder zu kreieren!

Leises kichern …

Mit der Zeit allerdings wird dem Affen das Spiel zu fad und er fügt sich dem ruhigen, fließenden Atem und der Stille um ihn herum. Trotzig wirft er am Ende noch die gezählten Atemzüge durcheinander, woraufhin ich in der zweiten 20-Minuten-Sitzmeditation das Zählen aufgebe. Zeit vergeht auch ohne Kontrolle. Mir hilft es jedenfalls – nicht nur zur Ruhe zu finden, ebenso die Gesellschaft Gleichgesinnter tut gut. Auch der Schlaf wird ein wenig besser und – Ziel ist es, diese Form von Zur-Ruhe-Kommen mit in den so genannten Alltag zu nehmen. Der Affe hat auch so noch genug zu tun…

~

 

16 Gedanken zu „Meditation

  1. hexenfire

    Hach!….. wie soll man auch zur Ruhe kommen, wenn die Sinne, auf ja alles registrieren, gepolt sind und umgehend verarbeiten am Besten auch gleich….Überforderung ist da so gut, wie vor programmiert. Außer natürlich, man lernt rechtzeitig ausblenden. Vorrangschaltung? Netzstecker ziehen? Fi- Schutzschalter?
    Ich versuche, wie Du, meditieren zu lernen und sehe interessiert zu, dass es Dir wohl zunehmend gelingt.
    Ich faule bereits beim Einlassen auf meine Atmung regelmäßig ab. Entweder weiß ich plötzlich nicht mehr wie atmen geht oder ich schlafe einfach ein oder vergesse überhaupt, was ich wollte und bin irgendwo weg….oder ich höre mich schnarchen …oder so. Kannst stolz sein auf Dich, dass Du vorwärts kommst.

    Antworten
    1. Reiner Beitragsautor

      Das ist der Vorteil, wenn man das meditieren in einer Gruppe praktiziert, allein hätte ich damit wahrscheinlich nicht angefangen (wobei ich mir mittlerweile auch daheim die Zeit nehme). Mein Atem ist mir von diversen Yoga-Übungen her schon vertraut, nur die Leere, der Stillstand im Geist, der ist neu und, siehe oben, nicht so leicht zu erreichen. Einschlafen geht eigentlich nicht, wenn du auf so einem Bänkchen sitzt, eine gewisse Grundspannung, die wach hält, ist nötig, um die Position zu halten.

      Muss gerade grinsen – „stolz“ und „voran kommen“ 🙂 Genau darum geht es eigentlich nicht, eher um das loslassen jeglicher Anstrengung. Darum, dem Ego mal eine Pause zu gönnen …

      Antworten
  2. bisou

    Oh, danke für den Affen – habe ich doch immer geglaubt es sei mein Kopf.
    Wenn es mal wieder dauert, habe ich ein neues Bild… ob ich seine Bananen finde?

    Antworten
      1. Bisou

        Ich habe es ausprobiert.
        Jedes Mal wenn ich mich beim „denken an“ erwischte, habe ich das Bild eines Affen drüber gelegt um den Kreis zu druchbrechen. Das erstaunliche war die Entwicklung des Affen, war der erste noch ein Rhesus Äffchen, dass wild herum kreichte, war der letzte ein gemächlich auf Grashalmen kauende Silber Rücken. Die Alltagsgedanken waren immer kürzer geworden und waren dann ganz weg, als ich über die Entwicklung der Affen sinnierte… und dafür hatte ich keinen Affen mehr *lache

        Antworten
        1. Reiner Beitragsautor

          So verändert sich der „Affe“ 🙂
          Es ist verschieden, war der Tag einigermaßen ruhig, kommen auch die Gedanken besser zur Ruhe. Mal so, mal so … irgend wer hat mal gesagt, täglich eine halbe Stunde wäre angemessen. Außer, wenn Du Stress und keine Zeit hast. Dann solle es eine Stunde sein …

          Antworten
  3. Aloisia Eibel

    Weißt Du was das Schwierigste für mich ist? Zu schweigen als schweige man nicht, etwas tun als täte man nicht, …..
    Ich kenn das von der Gartenarbeit. Da kann man so bei der Sache sein und die Zeit steht still. So ein Dich versenken in Deinen Atem wünsche ich Dir. Herzliche Grüße von der Gärtnerin mit dem (müden) gruenen Daumen

    Antworten
    1. Reiner Beitragsautor

      Zu schweigen als schweige man nicht, etwas tun als täte man nicht,

      Ja … das Ego zurücknehmen, aber wach und achtsam bleiben. So Arbeiten, ich bin kein Gärtner, aber von Kindern kenne ich diese Selbstvergessenheit beim Spiel. Auch dort steht die Zeit still. Manchmal geht es mir in der Küche beim Gemüseputzen so.

      Mir gefällt diese Geschichte dazu sehr gut 🙂

      Auch dir liebe Grüße!

      Antworten
        1. Reiner Beitragsautor

          Liebe Luise, ich hatte einen Link mit im Text, der leider nicht lief. Jetzt geht er – die Geschichte meinte ich 🙂

          Antworten

Schreibe einen Kommentar zu Reiner Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert