Hermes sagt Danke!

Gleich nebenan hier im Quartier gibt es den Klamottenmann. An- und Verkauf, Brennstoffe, so steht es auf einem Schild über den kleinen Laden, und, wie ich mir sagen lassen musste, wird dort immer noch mit Kohlen gehandelt, habe ich nicht gedacht. Mich verschlägt es ab und zu dort hin, weil der Klamottenmann nebenbei auch Zeug vom Hermes-Versand annimmt und es schlicht praktisch ist, nicht so weit laufen zu müssen, um eine Sendung abzuholen.

Oft ist der Klamottenmann in Gesellschaft von Familienangehörigen oder Kumpels, die auf einen Schwatz dort vorbei schauen. Nichts, was es dort nicht gibt. Vor ein paar Wochen flog mir ein betagtes Spann-Gummi vom Fahrrad-Gepäckträger um die Ohren, was mich veranlasste, dort mal kurz nachzufragen. Wortlos ging der Kerl nach nebenan und kam mit zwei gut erhaltenen Gummis in gefälliger Farbe, passend zum Rad, wieder zurück, unter dem Gelächter der Anwesenden. Hier, macht`n Euro für`t Sparschwein, meint er und zeigt auf das dickes Ding auf dem Tresen. Da konnte ich überrascht nur Danke sagen und grinsend die Sau füttern.

Oder letztens, im Zuge der Beschaffung diverser Kleinigkeiten für die kommenden Tage. Der Laden ist gut besucht, zwei seiner Kumpels stehen Leder-bewestet und hemdsärmelig umher und am Tresen nestelt eine gut durchgeblühte dunkelhaarige Dame etwas nervös an ihrer Tasche, mit der sie die kleine Ablage des Tresens in Beschlag genommen hat. Der Klamottenmann fummelt derweil irgend ein Textil wieder in den dazu gehörenden Karton, offensichtlich eine Retoure. Es dauert, und der Klamottenmann bittet einen Kumpel, mal nachzuschauen, ob da was für den Herrn da gekommen wäre, nachdem ich mein Anliegen vorgebracht hatte. Mein Zeug ist gekommen und wird aus einem Stapel im Regal hervor gezogen. Praktisch wäre jetzt zur Verstauung die Ablage des Tresens, aber die ist noch von der Dame belegt. Endlich wird die Schöne auch mal fertig und verabschiedet  sich, so das ich mich nun breitmachen kann, mit meinem Rucksack.

Kaum hat die Dame den Laden verlassen, geht es auch schon los und ein kleiner Dialog entfaltet sich unter den grinsenden Kerlen. Wat hass Du`n Glück, dat deine Frau heut`nich da is, meint einer, und anhand weiterer Bemerkungen schließe ich, das die Schöne von gerade eben sich wohl offensichtlich im Laden zumindest teil-entblößt hat, um ihre Sendung direkt an Ort und Stelle anzuprobieren (und auch gleich wieder zurückgehen zu lassen).

Ne Umkleidekabine, ja sicher, richte ich auch noch ein, meint grinsend der Klamottenmann und macht so eine weit ausladende Bewegung mit seinen Armen, um die scheinbar endlosen Weiten seines kleinen zugestellten Ladens zu beschreiben.

Hermes sagt Danke, denke ich amüsiert, während ich mich verabschiede.

 

10 Gedanken zu „Hermes sagt Danke!

  1. Uschi

    Jetzt hast mich aber zum Schmunzeln gebracht Reiner 🙂

    Gott, ich wünschte mir genau diesen Laden in meine Ecke, denn sowas kann man sicher nur noch ganz ganz selten erleben.

    Hermes wird ihm sicher auch ein wenig des Überlebens garantieren 😉

    Schöne und friedvolle Weihnachten wünsche ich und begebe mich jetzt in die PC-Pause.

    Liebe Grüsse,
    Uschi

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  2. bisou

    „gut durchgeblühte“, die Geschichte, wie immer, gut aufbereitet, aus der Ecke „ich dachte das gibt es nicht mehr“, ein Schmunzeln schenkend, und dann bleibe ich doch an „gut durchgeblühte“ hängen.

    Noch nie gehört, so liebevoll respektlos – danke

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  3. gerlintpetrazamonesh

    Ja, diese Läden, in einfacher Form jeder ehemalige Tante – Emma – Laden, die vermißt man. Die Läden, in denen „ich hatte hier doch mal“ in irgendeiner Schublade, Kiste auch noch die seltensten Exemplare sonst natürlich auch im Fachhandel und im Internet kaum zu erstehender Verbindungsstücke, egal ob für gerissene Blusenverschlüsse, Bootsteile oder Preßmaschinen, vorrätig sind.

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