Gedanken

So viele Veränderungen habe ich erlebt, rückblickend dankbar und staunend. Etliche körperliche Beschwerden, die Hand in Hand einher gingen mit meinen seelischen Zuständen, haben sich größtenteils aufgelöst oder sich zumindest auf ein erträgliches Maß reduziert. Mich in Situationen wiedergefunden, die mir meine Grenzen aufzeigten, die mich lehrten, das auch Grenzen sich verschieben lassen. Langsam allerdings, mit viel Beharrlichkeit. Lebenslagen, die heute abgeschlossen sind und mir in dieser Form sehr wahrscheinlich auch nicht mehr begegnen werden. Vieles hat sich regelrecht aufgelöst, was damals unvorstellbar schien.  Anderes blieb mir erhalten, Charakterzüge, die wie die sprichwörtliche Scheiße am Schuh kleben. Die Grenzen der Wandlungsfähigkeit eben, dahinter bleibt nur das annehmen.

Die Themen ändern sich also fortlaufend. Die Einschläge kommen näher, sagen manche und meinen das, was auch ich immer öfter erlebe. Schwere Erkrankungen, erst weit weg und fremd, dann immer tiefer in den inneren Kreis eindringend. Der Tod, das große Finale, die Vollendung jeden Lebens. Aufmerksam schaue ich die Alten, wie gehen sie um mit dem letzten kleinen Rest Leben. Halten sie verzweifelt an irgend einem Status Quo fest, der aschgrau wirkt und längst überholt ist oder haben sie ihre Wahrhaftigkeit gefunden, wie immer das auch aussieht. Hadern sie mit ihrem gelebten Leben oder können sie es annehmen, wie es war, mit allen Licht und Schatten. Ist da  wirklicher, echter Friede mit jedem Tag, trotz zahlreicher Einschränkungen und Gebrechen oder wird die verbleibende Zeit damit verbracht, zornig fluchend ganze Seiten im Tagebuch rot zumarkieren.

Wie willst, wie kannst du es halten, später irgendwann, frage ich mich und weiß doch, das ich heute und mit jedem Tag dem Puzzle ein Teil hinzu füge. Was sich manchmal beängstigend und manchmal beruhigend anfühlt, je nach Tagesform. Ein alter Mensch fällt mir ein, dem man noch ein halbes Jahr versprochen hat, schul-medizinisch abgeschrieben, der schon lange über dem prognostizierten Limit lebte, damals, kurz vor seinem Tod, mit lachenden, lebendigen Augen.

Ein unglaublich faszinierender Anblick, so ein altes, lachendes Gesicht mit seinen zahllosen Falten und Gräben, auf einer Haut, die an altes Papier erinnert.

*

 

 

 

3 Gedanken zu „Gedanken

  1. Uschi

    „Wie willst, wie kannst du es halten, später irgendwann…“ ?

    Ja, das denke ich mir auch öfter und mit fortschreitendem Alter bleiben solche Gedanken auch nicht aus.

    Was mich dann allerdings immer wieder fröhlich stimmt, ist mein so intensiv gelebtes Leben zur Zeit
    und die Kraft, die ich mir auch ab und an aus der Natur hole.

    Angst vorm Sterben ? Nein !
    Dazu fehlen mir die negativen Gedanken.

    Einen lieben Gruß
    Uschi

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  2. Bisou

    „Wie willst, wie kannst du es halten, später irgendwann, frage ich mich…“

    Nicht „später irgendwann“, heute. Die Einschläge beachten keine garantierte Reihenfolge. Gleich schon kann es mich treffen.

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  3. QuerVerbindung

    …interessante Gedanken…ich bin gespannt auf das Sterben, auch wenn es noch nicht gleich morgen sein muss…mein Gefühl sagt mir, dass es gut sein wird…

    liebe Grüße
    Heide

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