Frischzellenkur

Seit gut drei Jahren leistet mir mein betagter Crosser (Bj.1993) gute Dienste, als Alltagsgefährt für die Arbeit, zum einkaufen sowie für gelegentliche Tagesausflüge, so richtig nett mit wenig Zeug und nach Möglichkeit Sonne. Auf diese Weise kamen bis dahin allein in dieser Zeit ca. 9000 Km zusammen. So nach und nach wurde der Verschleiß offensichtlich, irgendwo habe ich gelesen, alles am Rad sei Verschleißteil, und das kann ich voll bestätigen.

Schön sichtbar ist das an der Kette. Die hier ist im harten Betrieb durch die dünn gewordenen Gelenkbolzen ca. eineinhalb Kettenglieder länger geworden, bei geschätzten 4000 Km.

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Die schon länger andauernde (technische) Restaurierung ist jetzt weitestgehend abgeschlossen. „Original“ sind vom Rahmen abgesehen nur noch sehr wenige Teile. Ersatzteilbeschaffung für alte Räder ist eigentlich kein Problem. Eigentlich, weil, wenn man etwas besseres haben möchte, wird es schwierig. So gibt es zwar noch Hinterräder für 7-fach-Kränze, aber mit billigen Naben. Etwas besser, in Shimano-Deore-Qualität gibt es erst ab 8-fach-Kranz, mit einem entsprechend längeren Freilauf. Also müssen so genannte Spacer mit rein, Distanzringe, um die Differenz auszugleichen. Das Netz offenbart da widersprüchliches, die einen sagen, 3 mm reicht, andere meinten, es sollen 4 sein. Also zwei bestellt, 3 und 1 mm, die dann auch beide verbaut werden mussten.

Jetzt hat der betagte Esel also Deore-Laufräder, eine neue Kettenblattgarnitur, Kette, Ritzelpaket,  Innenlager, neue Schutzplaste, neue, endlich rutschfeste Pedale. Das Schaltwerk war schon vor knapp zwei Jahren getauscht, ebenso die ursprüngliche Gripshift-Schaltgriffe gegen präzisere Rapidfire-Hebel. Ah ja, der Sattel – Freiheit für die Prostata, schön mit Spalt in der Mitte. Ebenso der Gepäckträger. Abkürzend hätte ich besser die noch vorhandenen Originalteile aufgeführt, neben dem Rahmen eben Lenker, Bremsen und diverse Schalt-Bremszughüllen. Und – last not least – vor ein paar Monaten brach der alte Seitenständer mitten durch und wollte dito ersetzt werden.

Erkenntnisse am Rande:

  • Ohne gründliche Recherche im Netz wäre ich aufgeschmissen gewesen, bei zahllosen Detailfragen, Montage sowie diverse Spezialwerkzeuge betreffend.
  • Alle Filmchen, Forenbeiträge und Expertenseiten hindern einen nicht daran, irgendwann an einem Punkt zu gelangen, an dem selbst gedacht werden möchte.

Bilder des Werkes…

Die alte Kurbel hat mich den meisten Schweiß gekostet, bei verranzten Abzuggewinde wollte der alte Mist mit roher Gewalt herunter gesägt werden:

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Rostschäden…

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Es wird …

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Das is`ser also, hoffentlich fit für die nächsten Jahre, Fährt, schaltet, bremst butterweich und nahezu geräuschlos, von einem noch besser zu befestigenden Schutzblech mal abgesehen. Die Summe der Teile war viel Geld, aber immer noch unter der Hälfte dessen, was ein vergleichbares neues Rad gekostet hätte. Außerdem ist es – ja richtig, sinnvolle Freizeitbeschäftigung und nicht zuletzt in meinem Fall auch eine Herzenssache, weil ich dieses alte Teil sehr liebe.

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14 Gedanken zu „Frischzellenkur

  1. Uschi

    Mal davon abgesehen, dass viele deiner Fach(rad)ausdrücke für mich böhmische Dörfer sind,
    kann ich deine Liebe zum Rad, auch wenn es älter wird, sehr gut verstehen.

    Eine Herzenssache, die mir ein Lächeln voll Liebe, ins Gesicht gezaubert hat.

    Gutes Wochenende mit viel Sonne wünsche ich.
    LG Uschi

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  2. Aloisia Eibel

    Das ist Wasser auf meine Mühlen. Mein altes Rad fuhr mit mir 19 Jahre brav dahin, jetzt zieht es mein Transportwagerl. Das neuere Rad fuhr mit mir von Ottensheim nach Santiago de Compostella. Das verbindet! Reparieren lass ich es vom Fachmann, kostet schon was, aber ich kanns nicht. Gute Fahrt!

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  3. Teggy

    …ob ein treues Fahrrad oder ein treues Auto, eine Wohnung, in der man lange wohnt oder einen Garten, den man bearbeitet…man wächst zusammen, da werden Dinge oft zu Freunden…sie haben auch eine Art Seele…Dein Rad wird es Dir danken…

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  4. Jan

    Deore hätte ich auch favorisiert. Polierte Lagerschalen, aber nicht so dem Leichtbau unterworfen wie höhere Gruppen. Leichtbau bedeutet oft auch weniger Lebensdauer. Aber warum überhaupt Shimano? Konuslager in den Achsen braucht man eigentlich nur als Extremkurvenfahrer. Ich favorisiere bspw. Industrielager. Haltbar, billig und weltweit verfügbar für ein Taschengeld.

    Warum bei 7 fach geblieben? Ich hätte gleich auf 9 fach aufgerüstet. Nicht weil man die Gänge braucht, sondern die Verschleißteile, wie Ketten und Kassetten, derzeit als auch in Zukunft besser bekommt.

    Ebenso hätte ich im Vorderrad gleich einen Nabendynamo verbaut.

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    1. Reiner

      Ja, brauchen in dem von Dir beschriebenen Sinne tue ich sie nicht, die Konuslager.
      Mir gefällt allerdings die Wartungsfreundlichkeit der Lager.

      9-fach, das dazu passende Hinterrad habe ich ja nun. Vielleicht bei der nächsten Schleife, hatte jetzt keine Lust auf neue Trigger und Züge verlegen. Das Schaltwerk wäre vermutlich mit dran gewesen, ist ein 8er.
      Nabendynamo? Was nicht dran ist, geht nicht kaputt. Dafür habe ich zwei gute Akku-Leuchten.

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    1. Reiner

      Das ist so 🙂
      Dahinter steht neben der Bewegung und der frischen Luft der Wunsch nach Einfachheit
      … und ein wenig Unabhängigkeit von den Werkstätten.
      Danke für`s hereinschauen !

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